Kolumne
US-Gewerkschaften streiken wegen Folgen von KI und neuer Technologien
Die Gewerkschaften United Auto Workers und Screen Actors Guild wehren sich gegen die neuen Technologien der KI und Elektromobilität, die ihre Branchen auf den Kopf zu stellen und ihre Arbeitsplätze zu vernichten drohen.
Gemeinhin denkt man, dass Hollywood-Schauspieler*innen und die Beschäftigten der Automobilbranche in Detroit nicht viel gemeinsam haben. Die Fließbandarbeiter*innen schuften in Fabriken, während Schauspieler*innen und Drehbuchautor*innen sich in der Welt der kreativen Künste und auf der Kinoleinwand bewegen. Ihre Arbeitsbedingungen und Aussichten auf künftige Beschäftigung scheinen unterschiedlichen ökonomischen Gesetzmäßigkeiten zu unterliegen.
Aber neue Technologien wie Künstliche Intelligenz und Elektromobilität haben über diese Berufe und Branchen hinweg so einschneidende Folgen, dass beide Berufsgruppen zuletzt gestreikt haben, um zu versuchen, die neuen Bedingungen ihrer Arbeitswelt zu definieren. Für das Mitbestimmungsportal habe ich kürzlich über den zunehmenden Einsatz perfider Technologien am Arbeitsplatz berichtet – von Technologien zur Überwachung der Arbeitnehmer*innen bis zu Roboterzeituhren, die die Arbeitszeit der Beschäftigten nicht in voller Länge verbuchen. Der berüchtigte Fall der Überwachung von Amazon-Beschäftigten und deren sekündlich berechnete Produktivitätsquote ist hinreichend dokumentiert. Weniger bekannt sind jedoch Berufe wie das Kassenpersonal von Kroger, UPS-Fahrer*innen, Seelsorger*innen mit Zeiterfassung und viele andere. Die New York Times hat berichtet, dass acht der zehn größten US-amerikanischen Arbeitgeber in der Privatwirtschaft die Produktivitätsindikatoren einzelner Arbeitnehmer*innen nachverfolgen, viele davon in Echtzeit.
KI und neue Technologien durchdringen immer mehr Sektoren
Inzwischen verbreiten sich die digitalen Technologien wie ein Lauffeuer auch in anderen Berufen, in denen dies vorher undenkbar war. Eine der heimtückischsten – und für die Zukunft ihrer Arbeit gefährlichen – Nutzungen der Künstlichen Intelligenz besteht in der Erschaffung falscher virtueller Identitäten von Schauspieler*innen, auch berühmter Film- und Leinwandgrößen. Wem gehört das Bild eines Schauspielers, wie des Oscar-Preisträgers Tom Hanks, der Hauptrollen in Filmen wie Forrest Gump, The Da Vinci Code – Sakrileg und Bridge of Spies – Der Unterhändler spielt? Hanks oder jedem x-beliebigen Menschen, der über die richtigen KI-Tools verfügt, um Hanks Gesicht, seine Stimme und seinen Habitus genau nachzubilden?
Anfang Oktober warnte Hanks seine 9,5 Millionen Follower auf Instagram, dass eine Anzeige für eine Zahnbehandlung, die mit seinem Konterfei und seiner Stimmnachbildung warb, betrügerisch sei und mithilfe Künstlicher Intelligenz erschaffen wurde. Wenig später informierte Gayle King, die landesweit bekannte Co-Moderatorin des Morgenmagazins „CBS Mornings” ihre Social-Media-Follower, dass Videoanzeigen mit ihrem KI-generierten Abbild, die ein Abnehm-„Geheimrezept“ bewerben, gefälscht und nicht autorisiert seien. Die berühmte Komikerin und Schauspielerin Sarah Silverman reichte Klage wegen Urheberrechtsverletzungen gegen zwei der prominentesten Unternehmen für generative KI ein: OpenAI (die Firma hinter ChatGPT) und die Facebook-Muttergesellschaft Meta. Die Unternehmen sollen urheberrechtlich geschütztes Material ohne ihre Zustimmung genutzt haben, um Chatbots und KI-Sprachmodelle zu trainieren.
Das Abbild jedes Schauspielers kann in nur wenigen Stunden durch ein computergeneriertes Double ersetzt werden.
Die Fähigkeit der Technikspezialisten, aus digitalen Einsen und Nullen ein Gesicht, eine Stimme und eine Filmfigur nachzuahmen, hat sich erstaunlich schnell entwickelt. Unternehmen wie Deep Voodoo arbeiten mit Filmstudios daran, die Gesichter berühmter Schauspieler*innen auf Stunt-Doubles zu übertragen und sogar verstorbene Filmstars wieder zum Leben zu erwecken. Die Stimmen der verstorbenen Anthony Bourdain und Andy Warhol wurden beide für jüngst entstandene Dokumentationen nachgebildet. Die Technologie hat sich so schnell entwickelt, dass das Abbild jedes Schauspielers innerhalb von nur wenigen Stunden durch ein computergeneriertes Double ersetzt werden kann.
Die KI (be-)trifft auch die weniger Berühmten
In dem Maße, wie sich die Technologie zur kreativen „Schöpfung“ ohne Schöpfer verbreitet, fürchten nicht nur Leinwandgrößen, dass sie die Kontrolle über ihr lukratives Abbild verlieren, sondern auch weniger bekannte Schauspieler*innen haben Angst, gänzlich ersetzt zu werden. Die Studios entwickeln die KI-Technologie, um digitale Repliken einzusetzen, die die Nebenrollen übernehmen, was Darsteller*innen das Wasser abgräbt, die lange Nebenrollen als Einstieg in den Schauspielerberuf besetzt haben. Die Technologie könnte eingesetzt werden, um digitale Klone von Schauspieler*innen ohne Bezahlung oder Einverständnis der Betroffenen zu erschaffen. Schauspieler*innen, die ihre Karriere darauf aufgebaut haben, als Statist*innen, Zweitbesetzungen oder Stunt-Doubles sowie als Synchronsprecher*innen oder Stimme für Film, Fernsehen und Werbung zu arbeiten, müssten womöglich mit ansehen oder -hören, wie ihr sonorer Shakespeare-Tenor geklont wird und sie arbeitslos werden. Viele sagen voraus, dass ohne strengere Regulierung die Arbeit weniger berühmter Schauspieler*innen nachgebildet und von KI-Tools neugemischt werden wird, was ihnen die Kontrolle über ihre Arbeit entzieht und ihre Fähigkeit beschneidet, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.
Die Schauspielergewerkschaft SAG-AFTRA und die 160.000 ihr angehörenden Darsteller*innen (neben Schauspieler*innen auch Tänzer*innen und Musiker*innen) haben sich mit der Writers‘ Guild of America (Gewerkschaft der Film- und Fernsehautor*innen) zusammengetan. Gemeinsam versuchen sie, mit den Filmgesellschaften über neue Regeln für den Einsatz dieser Technologien in ihren Berufen zu verhandeln. Die Gewerkschaften fordern den Schutz vor unbefugter Nutzung der Abbilder, Stimmen und Namen ihrer Mitglieder sowie von Drehbüchern, Skripten und anderen schriftlichen Materialien. Die Autor*innen befürchten, dass sie die Rechte mit Maschinen, die keine monatlichen Rechnungen zu begleichen haben, teilen müssen oder gar gänzlich an sie verlieren werden.
Neben den traditionelleren Fragen, wie Vergütung, Sonderleistungen und Arbeitsplatzsicherheit waren diese Themen der Knackpunkt für den Abbruch der Vertragsverhandlungen, der die Schauspieler- und Autorengewerkschaften seit diesem Sommer zu monatelangen Streiks veranlasst hat, die die Branche lahmgelegt haben. Die Produktion bzw. das Erscheinungsdatum von Dutzenden von Filmen und Fernsehsendungen, wie „The Late Show With Stephen Colbert“, „Saturday Night Live“ sowie Fortsetzungen von Der Herr der Ringe, Dune, Mission: Impossible und Gladiator mussten verschoben werden.
Bis Anfang Oktober verhandelte die Gewerkschaft der Hollywood-Drehbuchautor*innen einen Vertrag, der von den Mitgliedern nahezu einstimmig angenommen wurde und ihren Streik nach fast fünf Monaten beendete. Und Anfang November, nach 118 Tagen, dem längsten Schauspielerstreik in der Geschichte Hollywoods, einigten sich die Parteien schließlich. Die Gewerkschaft erreichte höhere Löhne und drängte die Streaming-Dienste, mehr Einnahmen in Form von Prämien mit den Schauspielenden zu teilen. Die Einigung legte auch neue Leitplanken für den Einsatz von KI fest. So müssen Studios nunmehr die Zustimmung des Schauspielenden einholen, bevor sie ein digitales Abbild erstellen oder verwenden – unabhängig davon, ob es sich um eine prominente Persönlichkeit oder einen Hintergrunddarsteller handelt.
Automobilbranche: anderer Sektor, aber die gleiche Angst, ersetzt zu werden
Tausende von Kilometer nördlich von Hollywood in Detroit im Bundesstaat Michigan treiben ähnliche Themen und Sorgen die Beschäftigten der Automobilbranche um, die die größten Autohersteller Ford, GM und Stellantis (Hersteller von Chrysler, Opel, Dodge, Ram, Jeep und Fiat) bestreiken. Bei dieser Auseinandersetzung prallen zwei von Präsident Joe Bidens zentralen Zielen heftig aufeinander: der Kampf gegen den Klimawandel und der Ausbau der Mittelschicht durch die Unterstützung der Gewerkschaften.
Die Gewerkschaft United Auto Workers (UAW) hat etwa 400.000 Mitglieder in der Automobilbranche und unterstützt normalerweise die Präsidentschaftskandidaten der Demokratischen Partei. Im Mai jedoch verweigerte sie die Unterstützung für Bidens Wiederwahl. Biden, der sich selbst als „Präsident der Gewerkschaften“ bezeichnet und die UAW umworben hat, schrieb letzten September Geschichte, als er als erster amtierender Präsident zusammen mit streikenden Arbeitnehmer*innen in einem Vertriebszentrum für Kfz-Teile einen Streikposten bezog. Dennoch kritisieren die Gewerkschaft und die Arbeitnehmer*innen der Automobilbranche Biden.
Es gibt keinerlei Garantie, dass diese Werke die weggefallenen Arbeitsplätze ersetzen werden oder sich gewerkschaftlich organisieren lassen.
Der Streitpunkt? Im letzten Jahr setzte die Biden-Administration milliardenschwere föderale Subventionen zur Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Elektrofahrzeug- und Batterieproduktion sowie Förderprogramme für Verbraucherinnen durch, die ein E-Fahrzeug erwerben. Dies hat dazu beigetragen, dass viele neue E-Fahrzeug- und Batteriewerke entstanden sind. Die Absatzzahlen von E-Fahrzeugen in den USA werden in diesem Jahr erstmals die Marke von einer Million knacken.
In der UAW fürchten jedoch viele, dass diese Umstellung Arbeitsplätze kosten wird, denn für die Montage von Elektrofahrzeugen werden deutlich weniger Arbeitskräfte gebraucht. E-Fahrzeuge kommen auch mit weniger Teilen aus, denn sie brauchen keine Komponenten wie Zündkerzen, Ölfilter und viele andere Bauteile, die mit dem Verbrennungsmotor zusammenhängen. In der Produktion leistungsstarker Batterien werden zwar neue Arbeitsplätze entstehen, aber es gibt keinerlei Garantie, dass diese Werke die wegfallenden Arbeitsplätze ersetzen oder sie gewerkschaftlich organisiert sein werden. Bisher ist geplant, die neuen Werke in den US-Bundesstaaten anzusiedeln, die Gewerkschaften eher ablehnend gegenüberstehen. Wird diese Wende den Niedergang der gewerkschaftlich organisierten Industriearbeit beschleunigen?
Das ist die große Sorge. Die UAW hat erfolglos versucht, die Arbeitnehmer*innen im Tesla-Werk im kalifornischen Fremont und an Volkswagen- und Nissan-Standorten im Süden zu organisieren. In dem einen Jahr, seit die Biden-Administration ihr „Subventionspaket“ IRA (Inflation Reduction Act) verabschiedet hat, sind in den USA Investitionen von über 92 Milliarden Dollar in die Elektromobilität geflossen. Der Großteil dieses Gelds geht jedoch in die Batterie- und Batteriekomponentenproduktion an Standorten außerhalb der Bundesstaaten im mittleren Westen, wo die UAW ihre Hochburg hat. Diese Betriebe sind als Joint Ventures mit koreanischen Batterieherstellern angelegt, die nicht unter dem Dach der UAW stehen. Daher fallen die Elektrofahrzeugwerke nicht unter die nationalen Tarifverträge zwischen der Gewerkschaft und den Automobilherstellern. Rechtlich dürfen die Beschäftigten der drei großen Fahrzeughersteller nicht für eine bessere Entlohnung der Arbeitnehmer*innen in der Batterieproduktion streiken, die bei einem der Joint Ventures beschäftigt sind.
Nach Ansicht von Shawn Fain, dem Vorsitzendem der United Auto Workers, ist die Nettobilanz der föderalen Subventionierung von Elektrofahrzeugen bisher enttäuschend. Er verwendet eine sehr deutliche Sprache und spricht von „Ausbeuterbetrieben“ und einer „Abwärtsspirale“, wenn er die tarifvertraglichen Entgelte und Arbeitsbedingungen der Beschäftigten in der Automobilbranche mit denen der Arbeitnehmer*innen in den Batterie- und Batteriekomponentenwerken vergleicht, die nicht gewerkschaftlich organisiert sind.
„Da gibt es Arbeitnehmer*innen mit Stundenlöhnen von 16,50 Dollar, was weniger als das ist, was man bei Waffle House verdient. Es ist kriminell“, erklärt er. Dieser Betrag ist deutlich niedriger als der Stundenlohn von rund 32 Dollar, den langjährige UAW-Mitglieder nach den bestehenden Verträgen mit den drei großen Autoherstellern bekommen.
Ein entscheidender Moment für die Arbeitnehmerbewegung
„Es ist der entscheidende Moment unserer Generation bei der Elektromobilität”, sagt Fain. „Die Regierung sollte in die inländische Industrieproduktion investieren, aber die Unternehmen dürfen nicht bedingungslos Geld erhalten. Die Gewerkschaften müssen mitbestimmen. Es müssen Arbeitsstandards eingezogen werden, denn hier geht es um die Zukunft der Automobilbranche.“
In diesem Herbst ließ dieser Druck das Fass überlaufen und die UAW-Mitglieder traten erstmals seit mehreren Jahren in einen großen Streik. Die Gewerkschaftsvertreter*innen forderten die Automobilhersteller auf, ihre Sorge um die Beschäftigten der Batteriehersteller aufzugreifen, bevor ihre Mitglieder über einen neuen Tarifvertrag abstimmen. Ihrer Meinung nach können es sich die Automobilhersteller leisten, die Beschäftigten der Batteriehersteller besser zu entlohnen, da sie kollektiv über das letzte Jahrzehnt in Nordamerika etwa 250 Milliarden Dollar verdient haben.
Die UAW eröffnete den Streik am 15. September mit einer gezielten Arbeitsniederlegung durch 12.700 Mitglieder in je einem Montagewerk jedes Herstellers. Eine Woche später legte sie mit einer Streikserie in 38 Komponentenwerken und Vertriebszentren von GM und Stellantis in 20 Bundesstaaten nach. Neben Präsident Bidens persönlichem Erscheinen am Streikposten hat die Biden-Administration im Hintergrund gearbeitet, um die Automobilhersteller zu drängen, fair mit der UAW zu verhandeln. Biden sprach der UAW das Verdienst zu, in der Vergangenheit mit ihren Opfern den Automobilsektor gerettet zu haben, wie zum Beispiel in der Wirtschaftskrise 2008, als die Autohersteller am Rande des Bankrotts standen und die Gewerkschaften beträchtliche Zugeständnisse machten. Diese Zugeständnisse stehen jetzt im Mittelpunkt des aktuellen Streiks. Am Streikposten rief Biden ins Megaphon: „Jetzt läuft es [für die Autokonzerne] unfassbar gut. Und wissen Sie was? Ihnen sollte es auch unfassbar gutgehen.“
Nach anfänglichem Fortschritt gerieten die Verhandlungen ins Stocken, als sich die Großen Drei querstellten. Die UAW entschied sich zu streiken und die Arbeit gezielt in den jeweils profitabelsten Werken der drei Automobilhersteller niederzulegen. Mit ihren 150.000 beschäftigten UAW-Mitgliedern rief die Gewerkschaft schließlich über 45.000 dieser Arbeitnehmer*innen auf, ihre Arbeit in den Fabriken und Kfz-Teile-Lagern im ganzen Land niederzulegen. GM sagte kürzlich, dass der Streik das Unternehmen 800 Millionen Dollar Erlös gekostet habe.
Die Vereinbarungen bieten den Beschäftigten einen gewissen Schutz, wenn E-Fahrzeuge Modelle mit Verbrenner ablösen
Letztlich haben sich die Beschäftigten und die Gewerkschaft durchgesetzt. Bei Redaktionsschluss haben die UAW und die Autokonzerne eine vorläufige Einigung erzielt, die den Arbeitnehmer*innen die größte Lohnerhöhung in mehreren Jahrzehnten beschert. Die Vereinbarungen beinhalten eine 25-prozentige Lohnerhöhung über die nächsten 4,5 Jahre und inflationsgekoppelte Anpassungen. In der höchsten Tarifgruppe steigt der Lohn von 32 Dollar pro Stunde über die Vertragslaufzeit auf über 40 Dollar, sodass ein Vollzeitbeschäftigter pro Jahr etwa 84.000 Dollar verdienen kann (zum Vergleich: das durchschnittliche Entgelt eines Beschäftigten in der deutschen Automobilbranche liegt bei etwa 34 Dollar oder 32 Euro). Die Vereinbarungen bieten den Beschäftigten auch einen gewissen Schutz, wenn E-Fahrzeuge künftig Modelle mit Verbrenner ablösen. Bei Ford würden zum Beispiel die Beschäftigten in Batteriewerken, die das Unternehmen zu bauen gedenkt, unter den Tarifvertrag fallen. Und bei GM werden die Beschäftigten in den Joint Ventures, die Batterien produzieren, durch den neuen Tarifvertrag abgedeckt.
Dieser neue Tarifvertrag ebnet auch den Weg für Lohnforderungen bei nicht gewerkschaftlich organisierten Autoherstellern wie Tesla und Toyota. Selbst wenn diese Kampagnen fehlschlagen, werden sie vermutlich Nachwirkungen haben, die diese Unternehmen veranlassen werden, ihren Beschäftigten Lohnerhöhungen zu gewähren.
Wie sieht die „KI-Zukunft“ für Arbeitnehmer*innen und Gewerkschaften aus?
So sehr die Biden-Administration diesen und anderen streikenden Arbeitnehmer*innen auch wichtige Rückendeckung gegeben haben mag, hat sie sich doch geweigert, eine Reihe arbeitnehmerfreundlicher Bestimmungen in das Inflationssenkungsgesetz IRA aufzunehmen. So hätte sie zum Beispiel von allen Unternehmen, die föderale Mittel beantragen, verlangen können, dass sie Tarifverträge unterzeichnen oder bei Joint Ventures für die aufstrebende E-Fahrzeug-Branche die Beschäftigten der Batteriewerke unter bestehende Tarifverträge fallen. Aber bei einer hauchdünnen Mehrheit von nur einer Stimme im US-Senat haben konservative Senatoren der Demokratischen Partei derart progressive Bestimmungen im Bundesgesetz verhindert.
Wenn die sozialen und arbeitnehmerbezogenen Kosten nicht berücksichtigt werden, bleiben Arbeitnehmer*innen bei der Wende auf der Strecke
Eine weitere wichtige Lehre aus dieser Situation ist, dass die Ausrichtung auf die Energiewende zwar wichtig, aber allein nicht ausreichend ist. Wenn die sozialen und arbeitnehmerbezogenen Kosten bei der Transformation nicht berücksichtigt werden, leiden die Arbeitnehmer*innen. Die Ziele werden sich dann gegenseitig unterwandern. Wie ich an früherer Stelle für das Mitbestimmungsportal berichtete, haben die beiden großen politischen Parteien in den USA enge finanzielle Bande zu den Technologieriesen und der Wall Street. Das scheint die Demokraten zu veranlassen, den Arbeitnehmer*innen gegenüber viele Versprechungen zu machen, die nie mehr als halb eingehalten werden.
In der Zwischenzeit entwickeln sich die KI und andere digitale Technologien ungezügelt weiter. Wenn neue und aufstrebende digitale Technologien und KI so verschiedene Berufe wie den des Schauspielers und die Automobilbranche durchdringen können, stellt sich die Frage, wo sie als Nächstes Einzug halten? Die allgegenwärtige Bedrohung ist, dass gute Arbeitsplätze durch schlechte ersetzt werden oder ganz wegfallen. Die Beschäftigten und ihre Gewerkschaften aus unterschiedlichsten Sektoren, Branchen und Berufen können nur gewinnen, wenn sie sich zusammentun und für Politiken und eine technische Umsetzung kämpfen, die im Dienst der Gesellschaft steht und gute Arbeitsplätze und Arbeitsbedingungen fördert.
Die Belastbarkeit des Sozialvertrags eines Staats und die Ausgestaltung seiner Wirtschaftspolitik werden wichtiger denn je. Es steht viel auf dem Spiel und die Arbeitnehmer*innen und ihre Gewerkschaften kämpfen darum, als gleichberechtigte Verhandlungspartner mit den großen Tech-Konzernen und anderen Unternehmen am Tisch zu sitzen, damit bei der Transformation nicht die im letzten halben Jahrhundert für die Beschäftigten erkämpften Errungenschaften verlorengehen. Für den Fortbestand der „Mittelklasse-Gesellschaft“ ist es unerlässlich, dass Arbeitnehmer*innen und ihre gewerkschaftlichen Vertreter*innen bei der Formulierung neuer Politiken und Leitlinien eine wesentliche Rolle spielen.
Englische Fassung der Kolumne
-
Kolumne
Unterstützung für die Mitbestimmung aus ungewohnter Ecke – von konservativen US-Republikanern
-
Kolumne
Können die EU und USA ihre Arbeitnehmerschaft im 21. Jahrhundert schützen?
-
Kolumne
Tech-Unternehmen rüsten sich mit massiven Entlassungen für ihre KI-Zukunft
-
Kolumne
US-Gewerkschaften streiken wegen Folgen von KI und neuer Technologien
-
Kolumne
Das Kartellrecht wird in den USA (endlich) wieder durchgesetzt
-
Kolumne
Digitale Überwachung von Beschäftigten nimmt zu
-
Kolumne
Zu schön, um wahr zu sein?
-
Kolumne
Hilfe zur Selbsthilfe für „Gig Workers“
-
Kolumne
Arbeitnehmer*innen weltweit … schmeißen hin?
-
Kolumne
Werden die US-Gewerkschaften den Uber-Fahrern und ‚Gigworkers‘ beistehen?
-
Kolumne
Zaghafte Ansätze gewerkschaftlicher Organisation im „Big-Tech-Paradies“
-
Kolumne
Wird US-Präsident Biden die Arbeitnehmenden und Gewerkschaften stärken?
-
Kolumne
Werden Beschäftigte im Homeoffice ausspioniert?
-
Kolumne
Arbeit(en) nach Corona
-
Kolumne
Amazon-Beschäftigte wehren sich
-
Kolumne
Ein Schlag gegen Scheinselbständigkeit und Gig Economy
-
Kolumne
Arbeitnehmergenossenschaften für das digitale Zeitalter
-
Kolumne
Mitbestimmung rückt in den USA ins Rampenlicht
-
Kolumne
Prekäre Arbeit nach "Uber Art"
-
Kolumne
Der „dezentrale Arbeitnehmer“
-
Kolumne
Trump attackiert US-Arbeitnehmer und Gewerkschaften
-
Kolumne
Wer wird für „gute Arbeitsplätze“ kämpfen?