Kolumne
Ein Schlag gegen Scheinselbständigkeit und Gig Economy
Ein neues arbeitnehmerfreundliches Gesetz in Kalifornien schließt ein Schlupfloch, das zur Falscheingruppierung von Arbeitnehmern genutzt wird. Es gibt Arbeitnehmerrechtsverfechtern weltweit Auftrieb.
Arbeitnehmer in Kalifornien bekommen durch die kürzliche Verabschiedung eines bahnbrechenden Arbeitsgesetzes künftig Rückendeckung. Der Bundesstaat Kalifornien hat das Gesetz „Assembly Bill 5“ (abgekürzt AB 5) verabschiedet, das von Unternehmen, einschließlich appbasierter Firmen wie Uber und Lyft, verlangt, „selbständige Auftragnehmer“ wie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer zu behandeln. Arbeitsrechts-Experten sagen voraus, dass dieses neue Gesetz, das am 1. Januar 2020 in Kraft tritt, die Gig Economy und viele andere Branchen umkrempeln wird. Das Gesetz schließt ein Schlupfloch im Regelwerk, das es Arbeitgebern ermöglicht, reguläre Beschäftigte fälschlicherweise als selbständige Auftragnehmer einzugruppieren. Schätzungen zufolge betrifft das neue Gesetz 2 Millionen selbständige Arbeitnehmer in Kalifornien (von knapp 20 Millionen Erwerbstätigen insgesamt), die bisher die Folgen eines jahrzehntelangen Trends zur Fremdvergabe und zu stagnierenden Löhnen zu spüren bekamen.
Deutschland sollte sich angesichts seiner eigenen „Geschichte“ der Scheinselbständigkeit daran orientieren.
Das Gesetz kam angesichts von Bedenken, dass die Beschäftigungsverhältnisse zu unsicher geworden sind. In den USA sind selbständige Arbeitnehmer vom Schutz der meisten Gesetze ausgenommen, die für abhängig Beschäftigte gelten, sie sind nicht krankenversichert und erhalten keine Sozialleistungen, haben keinen garantierten Mindestlohn, ihre Überstunden werden nicht vergütet und es ist ihnen verboten, sich zu organisieren oder einer Gewerkschaft beizutreten. Deutschland sollte sich angesichts seiner eigenen „Geschichte“ der Scheinselbständigkeit daran orientieren. Das Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung (IAB) schätzt, dass 235.000 bis 436.000 Beschäftigte fälschlicherweise als „Soloselbständige“ eingestuft werden, die von den beauftragenden Unternehmen keinen arbeitsrechtlichen Grundschutz und keine Sozialleistungen erhalten.
Ungebremste Scheinselbständigkeit
Die rechtliche Situation der Scheinselbständigkeit ist in den USA kompliziert. Es gibt keine einheitlichen, landesweiten Bestimmungen, die regeln, ob ein Arbeitnehmer abhängig beschäftigt oder selbständig ist. Stattdessen verwenden die verschiedenen Regierungsebenen und -behörden unterschiedliche Regeln, was zu Verwirrung, Ungereimtheiten und gesetzlichen Schlupflöchern führt, die die bewusste Falscheingruppierung begünstigen.
Auf nationaler Ebene geben verschiedene Behörden wie das National Labor Relations Board (Nationales Gremium für Arbeitsbeziehungen) und das Arbeitsministerium Leitlinien vor, während in den Bundesstaaten die verschiedenen Stellen, zum Beispiel für die Entlohnung der Arbeitnehmer und die Entgeltgremien, eigene Regeln haben. Jede dieser Behörden verwendet unterschiedliche Prüfungen, zum Beispiel eine Abfrage von 20 Faktoren oder eine 3-Faktoren-Prüfung. Die 20-Faktoren-Prüfung wurde früher von den Steuerbehörden (Internal Revenue Service) vorgenommen und findet in einigen Bundesstaaten weiter Anwendung. Die 3-Faktoren-Prüfung wird als „ABC-Test“ bezeichnet und dient in einigen Bundesstaaten dazu, Ansprüche auf Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung zu ermitteln. Die Undurchsichtigkeit wird noch dadurch verschlimmert, dass die Beschäftigungssituation eines Arbeitsnehmers je nach Bundesstaat und auf Bundesebene unterschiedlichen Prüfungen unterliegen kann. So kann ein Gericht durchaus zu dem Urteil kommen, dass ein Arbeitnehmer nach den Kriterien eines Prüfverfahrens abhängig beschäftigt ist, nach einer anderen Prüfung jedoch selbständig.
Inmitten dieses Chaos trat der Oberste Gerichtshof des Bundesstaats Kalifornien auf den Plan. Ein Zusteller des Unternehmens Dynamex erstattete 2005 Anzeige, weil er und andere Zusteller fälschlicherweise als selbständige Auftragnehmer eingestuft wurden, woraus die Sammelklage Dynamex Operations West Inc. vs. Superior Court entstand. In seinem Urteil von Mai 2018 wendete das Gericht erstmals in Kalifornien eine dreistufige „ABC-Prüfung“ an und kam zu dem Schluss, dass die Zusteller falsch eingruppiert wurden. Nach der im Dynamex-Urteil geschilderten Prüfung gelten Arbeitnehmer als abhängig beschäftigt, wenn ein Unternehmen nicht nachweisen kann, dass seine Arbeitnehmer nach drei Kriterien selbständig erwerbstätig sind:
- Der Arbeitnehmer darf nicht der Kontrolle und Weisung des Unternehmens unterstehen.
- Der Arbeitnehmer muss Arbeiten außerhalb der normalen Geschäftstätigkeit des Unternehmens verrichten.
- Der Arbeitnehmer muss einem selbständigen Gewerbe oder einer selbständigen Geschäftstätigkeit nachgehen.
Das Urteil in der Rechtssache Dynamex schuf einen wichtigen juristischen Präzedenzfall in Kalifornien (wenn auch nicht im Rest der USA), hatte aber kaum Wirkung. Arbeitnehmer, die der Meinung waren, falsch eingruppiert worden zu sein, mussten weiterhin vor Gericht gehen, was einen kostspieligen und langwierigen Prozess bedeutet.
Die Beweislast liegt künftig beim Arbeitgeber, der nachweisen muss, dass seine Arbeitnehmer nicht abhängig beschäftigt sind
Das Ziel von AB 5 war daher, die im Dynamex-Fall verwendete Prüfung in bundesstaatliches Recht zu gießen. Dieses Vorhaben bekam viel Unterstützung durch die kalifornischen Gewerkschaften und hochrangige Kreise in der Demokratischen Partei, einschließlich des neugewählten Gouverneurs Gavin Newsom. Jetzt müssen Unternehmen nachweisen, dass Arbeitnehmer, die sie als Selbständige eingruppieren möchten, diesen drei Kriterien entsprechen. Die Beweislast liegt künftig beim Arbeitgeber, der nachweisen muss, dass seine Arbeitnehmer nicht abhängig beschäftigt sind, nicht mehr umgekehrt beim Arbeitnehmer.
Die Debatte konzentrierte sich überwiegend auf die Fahrer von Mitfahrdiensten und die Arbeitnehmer anderer Online-Plattformen. Aber die meisten der geschätzt 2 Millionen Selbständigen in Kalifornien arbeiten in Berufen des Bau- und Dienstleistungsgewerbes. Das neue Gesetz umfasst einige Ausnahmeregelungen für eine Reihe von Berufen wie Ärzte, Rechtsanwälte, Architekten, Ingenieure, Kosmetiker, Immobilienmakler, Hundefrisöre und andere. Dies sind Berufe, die in der Regel ihre Honorare selbst festlegen und in direktem Kundenkontakt stehen. Uber, Lyft und Postmates haben unter großem finanziellem Einsatz eine energische Lobbykampagne verfolgt, um eine Ausnahmeregelung für sich selbst zu erwirken, aber ihre Einschüchterungstaktik scheiterte. Nachdem das Gesetz AB 5 vom Gouverneur unterzeichnet und damit rechtskräftig wurde, haben diese Gig-Unternehmen einen Antrag auf ein Volksbegehren gestellt, um das Gesetz auszuhebeln und ihre Fahrer davon auszunehmen. Aber dazu müssen sie eine Million Unterschriften eingetragener Wähler sammeln, damit ihrem Begehren stattgegeben wird. Daher planen sie, insgesamt 90 Millionen Dollar für eine Kampagne auszugeben und Unterschriftensammler zu bezahlen, damit das Bürgerbegehren durchgeht. Die Abgeordnete Lorena Gonzalez von den kalifornischen Demokraten, die den Gesetzesvorschlag für AB 5 einbrachte, verurteilt die Unternehmen. „Milliardäre, die von sich behaupten, sie könnten ihren Arbeitnehmern keine Mindestlöhne zahlen, sind bereit, Dutzende von Millionen auszugeben, um Arbeitsrecht zu umgehen“, schrieb sie auf Twitter. „Bezahlt verdammt noch mal einfach eure Beschäftigten!”
Ist Uber ein Verkehrs- oder Technologieunternehmen?
Vor Inkrafttreten der ABC-Prüfung in Kalifornien befassen sich zahlreiche Unternehmen und Berufe damit, was es für ihre Branchen bedeuten könnte. Nachdem Uber mit allen Mitteln versucht hatte, das Gesetz zu verhindern, behauptet das Unternehmen nun das Gegenteil: Das Gesetz gelte gar nicht für die eigenen Fahrer. Das Mitfahrunternehmen holt ein altes juristisches Argument aus der Schublade: Uber sei eine Technologieplattform, die eine „Börse betreibe“ und man bringe lediglich Fahrgast und Fahrer zusammen. Daher sei man kein Verkehrsunternehmen und die Fahrer seien keine tragende Säule des Geschäftsmodells. „Die Arbeit der Fahrer liegt außerhalb der üblichen Geschäftstätigkeit von Uber, das als Technologieplattform für verschiedene digitale Börsen dient”, wie für Essenslieferdienste, Straßenfracht sowie für einen Taxidienst, sagt Tony West, Chefjustiziar des Unternehmens.
Dieses Gesetz könnte dem Unternehmen den Todesstoß versetzen.
Das Argument, man sei ein „Technologieunternehmen“, wurde bereits von einem Gericht im Vereinigten Königreich und vom Europäischen Gerichtshof zurückgewiesen, und die meisten Rechtsexperten in den USA werten es als verzweifelten Versuch von Uber, Zeit zu schinden. Es ist offensichtlich, dass die Fahrer bei Uber ein wesentlicher Teil der Geschäftstätigkeit sind, denn ohne die Fahrer hat das Unternehmen kein Geschäft. Es ist davon auszugehen, dass AB 5 entschieden umgesetzt wird, denn das Gesetz enthält Bestimmungen, die den Generalstaatsanwalt von Kalifornien und die Staatsanwaltschaften der einzelnen Städte ermächtigen, Unternehmen strafrechtlich zu belangen und ihren Betrieb lahmzulegen, wenn sie abhängig beschäftigte Arbeitnehmer falsch eingruppieren. Sollte sich Uber weigern, seine Arbeitnehmer wie abhängig Beschäftigte zu behandeln, wird sich das Unternehmen schnell zahlreiche Gerichtsverfahren einhandeln, die die Staatsanwaltschaften aller größeren kalifornischen Städte anstrengen werden.
Angesichts der milliardenschweren jährlichen Verluste von Uber sagen einige voraus, dass dieses Gesetz dem Unternehmen den Todesstoß versetzen könnte. Und selbstfahrende Autos (Robocars) werden Uber nicht retten, denn die renommiertesten Experten sagen inzwischen voraus, dass es mindestens fünfzehn Jahre dauern wird, bevor vollständig autonome Fahrzeuge (Level 5) für den öffentlichen Verkehr in den Städten zugelassen werden. Daher sind sich die meisten Beobachter einig, dass die Luft für Uber ab 1. Januar dünn wird. Der Aktienkurs ist gegenüber dem Eröffnungskurs beim Börsengang im Mai bereits um fast 40% eingebrochen.
Berufe, wie freiberufliche Autoren, Psychotherapeuten und andere warten bereits mit Spannung, ob das neue Gesetz ihnen nach Inkrafttreten am 1. Januar helfen oder eher schaden wird. So besagt das Gesetz beispielsweise, dass ein Medienunternehmen maximal 35 Artikel bei einem Freiberufler beauftragen darf, bevor es diesen einstellen muss. Einige Autoren haben ihre Sorge geäußert, dass sie deshalb weniger Arbeit erhalten werden. Aber die Arbeitsrechtsjournalistin Margot Roosevelt twitterte, dass die Los Angeles Times bereits 30 vormals freiberufliche Journalisten in Vollzeit eingestellt hat. „Sie haben jetzt eine feste Beschäftigung und genießen Arbeitnehmerschutz“, sagte sie.
Aaron Colby, Arbeitsanwalt und Teilhaber in der Kanzlei Davis Wright in Los Angeles, erklärt, dass das Gesetz an einigen Punkten unscharf sei. Es regelt zum Beispiel nicht, was passiert, wenn ein Freiberufler mehr als 35 Artikel beim gleichen Herausgeber veröffentlicht. Fällt dann erst der 36. Artikel unter AB 5 oder alle 36 (35 davon rückwirkend). „Das werden die Gerichte klären müssen“, meint Colby.
Das neue kalifornische Gesetz ist erst der Anfang.
Vielleicht ist das neue kalifornische Gesetz erst der Anfang. Die Verantwortlichen in anderen Bundesstaaten sehen es als mögliches Modell, um die Lohnstagnation der vergangenen Jahrzehnte umzukehren und gegen die Praktiken der großen Technologiekonzerne im Umgang mit ihren Mitarbeitern vorzugehen. Der New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo wurde auf AB 5 aufmerksam und sagte: „Ich möchte Kalifornien in Nichts nachstehen […] Mehr Menschen sollten als abhängig Beschäftigte betrachtet werden, denn wir beobachten, dass sich Unternehmen die größte erdenkliche Mühe geben, Selbständige zu beauftragen, um sich ihren Verpflichtungen zu entziehen.“ Auf Bundesebene wird sich in absehbarer Zeit gesetzlich nichts tun, solange die Republikaner die Mehrheit im Senat haben und der sehr arbeitnehmerfeindliche Donald Trump im Weißen Haus sitzt. Aber die Spitzenkandidaten der Demokratischen Partei für das Präsidentenamt, Elizabeth Warren und Bernie Sanders, haben beide AB 5 lautstark befürwortet, sodass auf Bundesebene künftig Bewegung in die Sache kommen könnte.
Das kalifornische Gesetz AB 5 wurde in den Medien viel diskutiert, nicht nur in den USA, sondern auch in anderen Teilen der Welt. Die dringend notwendige Debatte beleuchtete die Arbeitnehmerrechte und Scheinselbständigkeit. Menschen, die sich für Arbeitnehmerrechte einsetzen, und Nichtregierungsorganisationen aus der ganzen Welt schauen genau hin. Ruwan Subasinghe, der Rechtsbeauftragte der in London sitzenden Internationalen Transportarbeiter-Föderation, twitterte: „Die internationalen Gewerkschaftsverbände verfolgen die Verabschiedung von #AB5 sehr aufmerksam... Wir wollen einen weltweiten Regulierungsrahmen für die #Arbeitnehmer der Gig Economy, der dazu beitragen kann, der Geißel der Scheinselbständigkeit ein Ende zu bereiten. #Kalifornien kann als Inspiration dienen.” Die Arbeitnehmerbewegung und Gewerkschaften hatten in den letzten Jahren wenig Grund zur Freude, daher hoffen die Befürworter, dass AB 5 einer progressiven Arbeitspolitik Auftrieb verleiht.
Scheinselbständigkeit in Deutschland
Deutschland wird seit langem vom Phänomen der Scheinselbständigkeit geplagt, das auf die Hartz-IV-Reformen der Schröder-Regierung zurückgeht. Diese Reformen, die umgesetzt wurden, als Deutschland unter sehr hohen Arbeitslosenquoten von bis zu 11 Prozent litt, führten zu einem starken Anstieg der als „Ich-AG“ bezeichneten Soloselbständigen oder Einpersonengesellschaften. So schob man die schwierige Suche nach einer Lösung auf, die nicht nur genügend, sondern auch hochwertige Arbeitsplätze schafft. Zahlreiche Untersuchungen attestieren Deutschland gravierende Missstände im Zusammenhang mit Scheinselbständigkeit. Unternehmen behandeln verschiedene Arten von Arbeitnehmern als Selbständige, um keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen zu müssen. Durch das Schlupfloch der „Scheinselbständigkeit“ können Arbeitgeber ihre rechtlichen Verpflichtungen umgehen und viele Arbeitnehmer werden so ihrer Rechte beraubt.
Etwa 10% der deutschen Arbeitnehmer gelten als „selbständig erwerbstätig“. Viele deutsche Entscheidungsträger, mit denen ich gesprochen habe, spielen die Auswirkungen mit dem Argument herunter, dass die Selbständigen keinen ausreichenden Anteil der deutschen Erwerbsbevölkerung darstellen, als dass sie Anlass zur Sorge böten. Aber die Folgen für die Wirtschaft gehen weit über die reinen Zahlen hinaus. Die Scheinselbständigkeit kann den Status abhängig Beschäftigter untergraben, weil die Stabilität der Belegschaft und ihre Handlungsfähigkeit gegenüber dem Unternehmen geschwächt werden. So habe ich zum Beispiel in einem früheren Artikel für das Mitbestimmungsportal darüber berichtet, dass Uber weiterhin in Deutschland auf dem Markt ist, obwohl dem Unternehmen dem Anschein nach der Betrieb in Deutschland gerichtlich untersagt wurde. Man muss nur in Berlin, München, Frankfurt, Düsseldorf oder Hamburg einen Blick auf die Uber-App werfen und man sieht Dutzende von Uber-Fahrern, die sich in direkter Nähe bereithalten. Dieses gesetzesbrechende Unternehmen hat ein Schlupfloch gefunden, indem es mit Fahrern arbeitet, die als private Mietwagen mit Chauffeur registriert sind. Es gibt Unsummen aus, um den Fahrgästen Preisnachlässe anzubieten und den kleinen Taxifahrer auszupressen.
Jeder Arbeitnehmer sollte ein stützendes, portables Sicherheitsnetz mit Arbeitgeberanteilen haben.
„Würdige Arbeitsplätze für alle“ ist ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt. Neben der Einstufung von Soloselbständigen als abhängig Beschäftigte sollten Deutschland und die EU es sich zum politischen Ziel setzen, dass jeder Arbeitnehmer ein stützendes, portables Sicherheitsnetz mit Arbeitgeberanteilen hat. Wie ich in meinem Buch Die Start-up-Illusion: Wie die Internet-Ökonomie unseren Sozialstaat ruiniert vorschlage, könnte Deutschland die Künstlersozialkasse (KSK) ausweiten, die ursprünglich für Künstler, Musiker und Journalisten gegründet wurde, um ein universelles, portables Sicherheitsnetz zu schaffen, und auch andere Berufe abdeckt, in denen Arbeitnehmer als Soloselbständige tätig sind. Sie wäre eine gute Grundlage für eine „KSK für alle“. Deutschland hat den Wert eines solchen Programms für bestimmte Arten von Arbeitnehmern erkannt, warum also nicht für alle Arbeitnehmer? Welche Logik rechtfertigt die Ungleichbehandlung so vieler Arbeitnehmerkategorien und schlechte Arbeitsplätze?
In dem Maße, wie die Wirtschaft von digitalen Technologien durchdrungen wird, und immer mehr gute Arbeitsplätze der schäbigen, online-basierten Prekarität weichen, wird es immer wichtiger, die Scheinselbständigkeit zu beenden und ein universelles Sicherheitsnetz aufzuspannen. Die deutsche Regierung, die Wirtschaft und Gewerkschaften sollten sich auf diese neuen Begebenheiten einstellen, indem sie zusammen daran arbeiten, das Schlupfloch der Scheinselbständigkeit zu schließen und einen zeitgemäßen Sozialvertrag zu schließen, bei dem es keine schlechten, sondern nur würdige Arbeitsplätze für alle Arbeitsplätze, Berufe und Branchen gibt.
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