Kolumne
Hilfe zur Selbsthilfe für „Gig Workers“
Von neuen Technologien über Tools und Kurse bis hin zu innovativen Methoden zur Organisation von Erwerbstätigen entstehen gezielt neue Unterstützungsangebote für Plattformarbeitnehmer/innen. Aber wird das etwas ändern? Und werden die Gewerkschaften in den USA mitziehen?
Das Phänomen der „Gig Work" entstand durch eine wirtschaftliche Konjunktur, die von der Rezession 2008/2009 mit Massenentlassungen und einem wachsenden „Reservepool“ an Arbeitskräften geprägt war. In dieser Krise witterten Unternehmen aus dem Silicon Valley eine große Chance, per Smartphone „unterbeschäftigte Erwerbstätige“ mit neuen Formen prekärer Arbeit zusammenzubringen. Es sollte sich zeigen, dass es bei der sogenannten „Sharing“-Ökonomie mitnichten ums „Teilen“ geht (wie der Name nahelegt). Aber in Ermangelung besserer Beschäftigungsmöglichkeiten stieg die Anzahl der Plattformarbeitnehmer/innen bald rapide.
Von den Plattformarbeitnehmer/innen wird selbständige Erwerbstätigkeit vorausgesetzt (Freiberufler/innen und (Solo-)Selbständige), was bedeutet, dass sie bei der Verhandlung ihrer Entgelte, Sozialleistungen, Beschäftigungssicherheit und Fortbildung auf sich allein gestellt sind. Während der Covid-19-Pandemie haben sich diese Trends verstärkt und zunehmend verbreitet.
Als Reaktion auf die Pandemie versuch(t)en einige arbeitnehmerfreundliche Organisationen in den USA, die Unterstützungslücke zu schließen und Angebote zu schaffen. Damit füllen diese Organisationen ein Vakuum, das dadurch entstanden ist, dass die US-amerikanischen Gewerkschaften der Unterstützung der „Gig Workers“ nicht genug Aufmerksamkeit oder Mittel beimessen (diese Arbeitnehmer/innen sind nach US-amerikanischen Recht als „Selbständige“ schwer zu organisieren). In Deutschland bieten die Gewerkschaften inzwischen Dienstleistungen und Unterstützungsangebote, so zum Beispiel die IG Metall mit Fair Crowd Work, die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) mit ihrer Kampagne „Liefern am Limit” oder ver.dis stetige Bemühungen um diese Gruppe. In den USA hingegen haben die Dachorganisation AFL-CIO und ihre Mitgliedsorganisationen mit wenigen Ausnahmen eher eine „Abwarten und Teetrinken“-Haltung an den Tag gelegt.
Vor diesem Hintergrund sind arbeitnehmerfreundliche Organisationen, selbst oft unter Leitung nichtgewerkschaftlich organisierter Arbeitnehmer/innen, in die Bresche gesprungen. Dabei gehen sie sehr intelligent vor – mit Angeboten, die gezielt die besonderen Bedürfnisse dieser Arbeitnehmerkategorien ansprechen.
Neue Apps für die App-Beschäftigten
Im Gegensatz zu Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten, die in der Covid-19-Pandemie umfangreiche Kurzarbeitsmaßnahmen umgesetzt haben, um Entlassungen im großen Maßstab zu verhindern, wurde in den USA zig Millionen von Beschäftigten gekündigt und die Arbeitslosenquote stieg auf bis zu 14,8%. Glücklicherweise zahlten die USA höhere Arbeitslosenleistungen als sonst. Erstmals konnten Plattformarbeitnehmer/innen und andere Selbständige und Freiberufler/innen diese Arbeitslosenleistungen auch in Anspruch nehmen.
Es stellte sich jedoch heraus, dass dieses gutgemeinte Gesetz schwierig umzusetzen war. Plattformarbeitnehmer/innen haben in der Regel unterschiedliche Auftraggeber und sind auf verschiedenen Plattformen registriert. Vielen fällt es schwer, vollständige Angaben zu ihrem Einkommen zusammenzutragen und einzureichen. So hatten sie Mühe, ihren Anspruch nachzuweisen oder den Höchstbetrag der ihnen zustehenden Leistungen zu erwirken. Außerdem werden Arbeitslosenleistungen von den 50 Bundesstaaten verwaltet, deren bürokratischer Apparat nicht darauf ausgerichtet ist, es Antragsteller/innen leicht zu machen, ihre Einnahmen aus Plattformarbeit nachzuweisen. Dies verzögerte die Bearbeitung der Erstanträge und führte zu monatelangem Rückstau, sodass viele Arbeitnehmer/innen in der Pandemie finanziell nicht ausreichend abgesichert waren.
Das Workers Lab entwickelte eine technische Lösung zur Dokumentation von Einnahmen aus selbständiger Plattformarbeit
Es war ersichtlich, dass diese Arbeitnehmer/innen Unterstützung dabei brauchen, die Höhe ihrer Einnahmen nachzuverfolgen und zu belegen. Das Workers Lab, eine gemeinnützige, teilweise gewerkschaftsfinanzierte Organisation aus dem Großraum San Francisco, entwickelte eine technische Lösung zur Dokumentation von Einnahmen aus selbständiger Plattformarbeit. Man tat sich mit einem Finanztechnologieanbieter zusammen, der eine Datenbank angelegt hat, die es Plattformarbeitnehmer/innen ermöglicht, ihre Einnahmen zu melden und anschließend in bisher unbekanntem Umfang auf ihre früheren Einnahmen aus unterschiedlichen Quellen zuzugreifen. Sie bietet auch die Möglichkeit, die Ausgaben dieser Arbeitnehmer/innen – die als „Ein-Personen-Unternehmen“ bei der Einkommenssteuer geltend gemacht werden können – mit geringem Aufwand zu erfassen. Bei der Entwicklung des Produkts hat das Workers Lab mit Arbeitnehmer/innen zusammengearbeitet, die sich in der Philadelphia Drivers Union und Gig Workers Rising organisieren – beides relativ junge Organisationen, die keiner Gewerkschaft angehören –, um sicherzustellen, dass seine Lösung sich tatsächlich an den Bedürfnissen der Plattformarbeitnehmer/innen orientiert.
Das Workers Lab sprach außerdem mit den Regierungen einzelner Bundesstaaten über die Entwicklung eines „Einkommensausweises“, der es den staatlichen Behörden ermöglichen würde, verschiedene Einnahmequellen dieser Arbeitnehmer/innen besser nachzuverfolgen. Mit diesem „Pass“ kann man regelmäßige Umsatzanmeldungen automatisieren, was die Hürden für Arbeitnehmer/innen mindert, die ihre Einkünfte angeben müssen, um Ansprüche auf Arbeitslosengeld oder andere Sozialleistungen nachzuweisen.
US-Arbeitnehmer/innen entgehen jährlich 50 Milliarden Dollar
Eine andere Gruppe aus New York City, in der sich auf Einwanderungsrecht spezialisierte Anwälte vernetzt haben (Immigration Advocates Network), entwickelte das Online-Tool ¡Reclamo!, das Arbeitnehmer/innen und Organizer/innen helfen soll, schlechte Arbeit- bzw. Auftraggeber leichter zu ermitteln, die Arbeitnehmer/innen um ihr Entgelt prellen. Eine Studie im Auftrag der „Freelancers Union“ fand heraus, dass 71% der selbständig Erwerbstätigen und freien Mitarbeiter/innen Mühe haben, die Bezahlung für ihre absolvierten Aufträge oder Arbeit einzutreiben und sie im Schnitt pro Jahr durch säumige Arbeit-/Auftraggeber nahezu 6.000 Dollar (13% ihrer Gesamteinnahmen) verlieren, weil sich manche schlicht weigern zu zahlen. Schätzungen des Immigration Advocates Network zufolge, entgehen amerikanischen Arbeitnehmer/innen jährlich 50 Milliarden Dollar an Einnahmen. Für viele Plattformarbeitnehmer/innen ist Entgeltdiebstahl ein drängendes Thema.
Daher hat das Immigration Advocates Network (IAN) ¡Reclamo! entwickelt, um eine bessere Datenerhebung zu schlechten Arbeit-/Auftraggebern zu unterstützen und den Zugang zu Rechtsbeistand zu ebnen. Arbeitnehmer/innen können so ein Verfahren zur Eintreibung der geschuldeten Beträge einleiten und Möglichkeiten eruieren, um sich zu organisieren. Die Daten können zudem genutzt werden, um Sammelklagen anzustreben und/oder Muster bei Auftrag-/Arbeitgebern zu erkennen. Ziel des Netzwerks ist, „die Eintreibung vorenthaltener Entgeltzahlungen kostenfrei, sicher und einfach zu machen“. ¡Reclamo! entstand in Kooperation mit der Organisation „Make the Road New York“, die sich für Gerechtigkeit in der Arbeitswelt einsetzt, und kann auch von Beschäftigten und Nichtjurist/innen genutzt werden, um sich per Smartphone relativ leicht im komplexen Beschäftigungsrecht zurechtzufinden. Der Geschäftsführer von IAN, Rodrigo Camarena, erklärt, dass es „das erste Tool zur Einforderung von Lohn- und Entgeltzahlungen ist, das für und von Verfechter/innen von Arbeitnehmerrechten entwickelt wurde“. Camarena weiter: „Unser Ziel ist, das Auftreten von Lohn- und Entgeltdiebstahl in den USA deutlich zu verringern, und die Macht der Daten und der Organisation von Arbeitnehmer/innen zu nutzen, um die Arbeitswelt gerechter zu machen.“
Online-Organisation der Fahrer/innen und Beschäftigten der Essenslieferdienste
Eine andere Gruppe unter dem Namen Los Deliveristas Unidos (LDU) hat damit begonnen, (sich) online zu organisieren – zur Unterstützung eines schnell wachsenden Kollektivs von Beschäftigten unterschiedlicher app-basierter Essenslieferdienste in New York City, die überwiegend lateinamerikanischer Abstammung sind. Sie erarbeiten ganz praktische Online-Hilfsangebote und Informationen, zum Beispiel was bei einem Fahrradunfall während der Auslieferung oder bei Fahrraddiebstahl zu tun ist, wie man während der Covid-19-Pandemie weiterarbeiten kann sowie Karten, auf denen Toiletten im ganzen Stadtgebiet eingezeichnet sind (damit die Lieferfahrer/innen wissen, wo sie diese bei Bedarf finden) und andere nützliche Ratgeber und Tipps. Geschäftsführerin Ligia Guallpa sagt, sie „arbeiten daran, das landesweit erste Infrastrukturdrehkreuz für Lieferdienstbeschäftigte zu schaffen, das ihnen in allen Lebensfragen Unterstützung bietet“, einschließlich möglicher Verbesserungen der Arbeitsbedingungen, eines digitalen Online-Treffs, wo sie sich vernetzen können, und des Aufbaus einer Community, die sich politisch organisieren kann, um Verbesserungen zu erkämpfen. Die LDU hat einen Marsch mit 3.000 „deliveristas“ (dem spanischen Wort für „Lieferdienstbeschäftigte“) organisiert und zusammen mit Mitgliedern des Stadtrats von New York City sechs Gesetze initiiert, die die Arbeitsbedingungen der deliveristas verbessern und Entgeltgerechtigkeit erreichen sollen.
Für einige dieser Arbeitnehmerorganisationen war die Entwicklung der Software Solidarity Tech hilfreich, die der Organisation von Arbeitnehmer/innen dient. Solidarity Tech ist eine Art „Facebook für Organizing“: eine Plattform, die Gewerkschaften und sozial ausgerichteten Organisationen alles aus einer Hand bietet, was zur Organisation von Erwerbstätigen nötig ist. Sie soll dem „Aufbau von Volksbewegungen“ dienen. Sie unterstützt die traditionelle Mitgliederkommunikation und bietet eine App für Organizer/innen sowie eine Dashboard-Oberfläche in Kombination mit einer Kontaktdatenbank (CRM), mithilfe derer Gruppen ihre Netzwerke schneller und effizienter organisieren und ansprechen können. Solidarity Tech ist ein neues digitales Produkt, wird aber schon von Rideshare Drivers United genutzt.
Ein Ziel der App ist, ihre Nutzer zu unterstützen, sich zu informierten Führungspersönlichkeiten in der Arbeitnehmerbewegung zu entwickeln
United for Respect, ein multikulturelles Bündnis von 16 Millionen Menschen, das sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen im Einzelhandel einsetzt, legt sich mit Walmart, Amazon und Konsorten an. Jetzt hat es eine Reihe digitaler Tools unter dem Namen WorkIt entwickelt. Bei WorkIt handelt es sich um eine App, die Organizer/innen hilft, sich mit ihren Mitgliedern zu vernetzen, während sich die Mitglieder Antworten auf ihre arbeitsrechtlichen Fragen bei geschulten "Peer-Beratern" holen können, denen sie vertrauen. Ein Ziel der App ist, ihre Nutzer zu unterstützen, sich zu informierten Führungspersönlichkeiten in der Arbeitnehmerbewegung zu entwickeln, und Daten über das Engagement der Community-Mitglieder zu liefern: Wer engagiert sich, mit wem vernetzen sie sich, was haben sie unternommen und welche zusätzliche Unterstützung brauchen sie womöglich? Diese Tools ermöglichen es Organizer/innen, effektiver und mit deutlich geringerem manuellem Beobachtungs- und Steuerungsaufwand mit den Nutzern in Kontakt zu treten. Cat Huang, die als Informatikerin bei United for Respect für die Technologie zuständig ist, sagt: „Mit den richtigen Tools und den richtigen Einblicken können wir verändern, wie Menschen an unserer Gesellschaft, Wirtschaft und Demokratie teilhaben.“
Die Entwicklung dieser digitalen Tools wurde größtenteils vom Workers Lab teilfinanziert, die mit einem „Beschleuniger“-Modell nach Art des Silicon Valley arbeiten und neu entstehenden Arbeitnehmerorganisationen Anschubfinanzierungen zur Verfügung stellen. Seit 2015 hat das Workers Lab mehr als 11 Millionen Dollar in Dutzenden von Organisationen investiert, um solche Innovationen zu fördern. Die Mittel stammen von einigen Arbeitnehmerorganisationen sowie den Stiftungen von Bill Gates und Eric Schmidt. Außerdem hat sich die Organisation unter anderen mit der „Future of Work Initiative“ (Initiative zur Arbeit der Zukunft) des Aspen Institute zusammengetan, um die Bedürfnisse der Plattformarbeitnehmer/innen und Selbständigen besser zu verstehen, damit die neuentwickelten Produkte maßgeschneidert und effektiv sind.
Kurse für künftige Plattformarbeitnehmer/innen
Eine weitere interessante Entwicklung nennt sich Self-Employment Pathways in the Gig Economy Pilot Project. Das „Projekt für Laufbahnen der selbständigen Beschäftigung in der Plattformökonomie“ wurde 2018 von den kalifornischen Community Colleges gestartet. Es beteiligten sich 20 Colleges an der Pilotphase, die die Lernenden auf eine freiberufliche oder selbständige Tätigkeit in der Plattformökonomie vorbereiten sollte. Jedes Community College (Berufsbildungsschule) entwickelte ein Programm mit drei Kursen, wobei sich der erste damit befasste, wie man eine kleine „Ein-Personen-Firma“ führt, einschließlich grundlegender Fragen wie Lizenzen, Versicherungen und Steuern. Der zweite Kurs beleuchtete, wie man Online-Plattformen, wie Upwork and Fiverr, für selbständige oder freiberufliche Arbeit nutzt. Im Kurs konnten die Studierenden lernen, wie man die Plattform auswählt, wie man dort Arbeitsmöglichkeiten akquiriert und wann man von Arbeitsangeboten Abstand nehmen muss (zum Beispiel, wenn der Auftraggeber in betrügerischer Absicht handelt). Das dritte Modul bot den Studierenden Gelegenheit, jeweils einzeln mit Mentor/innen zu arbeiten, die bei der Geschäftsplanung unterstützten und berieten. Die Studierenden wurden auf dem Weg in die Selbständigkeit angeleitet oder bekamen Hilfe, um eine bestehende selbständige Erwerbstätigkeit zu verbessern.
Eine der größten Herausforderungen für Freiberufler/innen, Selbständige und Plattformarbeitnehmer/innen ist, kein unterstützendes Sicherheitsnetz zu haben. Um prekär Beschäftigten zu helfen, hat die Stadt San Francisco zuletzt ein kleines, übertragbares Sicherheitsnetz gebilligt, um für die gut 10.000 Hausangestellten in der Stadt (Haushaltshilfen, Kindermädchen und Reinigungskräfte) bezahlten Krankenurlaub zu gewährleisten. Das neue Gesetz, dessen Wortlaut unter Mitwirkung der kalifornischen Koalition der Hausangestellten (California Domestic Workers Coalition) entstand, setzt auf eine Smartphone-App. Diese trägt dazu bei, dass die Arbeitgeber ihrer gesetzlichen Verpflichtung nachkommen, für jeweils 30 Arbeitsstunden mindestens eine Stunde bezahlten Krankenurlaub zu übernehmen. Nach Einführung eines übertragbaren Basissystems können nach und nach weitere Absicherungskomponenten, wie Kranken- oder Rentenversicherung, und womöglich auch andere Berufsgruppen hinzukommen. (Über diese Neuerung in meiner Heimatstadt freue ich mich persönlich besonders, da ich als erster Politikexperte in den USA 2015 ein übertragbares Sicherheitsnetz für Freiberufler/innen und Selbständige vorschlug, das der damalige Präsident Barack Obama in seiner Ansprache zur Lage der Union 2016 aufgriff und das anschließend von der Wirtschaft, Arbeitnehmerbewegung und führenden Vertreter/innen von Nichtregierungsorganisationen allmählich unterstützt wurde).
Die digitalen Innovationen könnten auch in Deutschland und in der EU Schule machen
Diese neuen digitalen Tools, Hilfsmittel und Schulungsangebote für Selbständige und Plattformarbeitnehmer/innen sind eine begrüßenswerte Entwicklung. Es ist sinnvoll, digitale Technologien so anzupassen und einzusetzen, dass sie die Bedürfnisse prekär beschäftigter Menschen decken helfen. Aber da diese Initiativen noch jung sind, bleibt abzuwarten, ob sie das Leben dieser Arbeitnehmer/innen spürbar verbessern können. Der Großteil dieser Bemühungen geht auf gemeinnützige Organisationen zurück. Dies wirft die Frage auf, warum die US-amerikanischen Gewerkschaften nicht die Führung übernehmen und mehr derartiger Unterstützungsangebote entwickeln? Einige dieser Organisationen werden von den Gewerkschaften mit kleinen Beträgen unterstützt, aber die organisierte Arbeitnehmerbewegung könnte deutlich mehr Einfluss ausüben.
Die digitalen Innovationen könnten auch in Deutschland und in der EU Schule machen, wo das Arbeitsrecht zwar stärker ist als in den USA, aber die logistischen Herausforderungen bei der gewerkschaftlichen Organisation einer „dezentralisierten Arbeitnehmerschaft” trotzdem enorm sind. Daher erscheint es fast wie eine logische Konsequenz, die Startup-Kultur in Berlin und Hamburg für die Entwicklung von Apps für Plattformarbeitnehmer/innen, Selbständige und Freiberufler/innen einzuspannen. In Deutschland steht die Aufgabe noch bevor, ein flächendeckendes, übertragbares Sicherheitsnetz für die vielen Soloselbständigen aufzubauen, wobei man sich an der Künstlersozialkasse zur sozialen Absicherung von Kunst- und Musikschaffenden sowie Journalist/innen orientieren könnte. Auch deutsche Gewerkschaften könnten mehr tun, um zu verhindern, dass die „Gig Economy“ zum großen Schlupfloch für „Scheinselbständigkeit“ wird, durch das Unternehmen gute Arbeitsplätze und Arbeitnehmerrechte unterwandern. Die Hauptverantwortung liegt jedoch beim Gesetzgeber, sei es in Deutschland oder in den USA. Die Gesetzgeber müssen einen Rechtsrahmen schaffen, der Soloselbständige und „freie Mitarbeiter/innen“, die für Plattformunternehmen arbeiten, als „abhängig Beschäftigte” einstuft, und sie sind in der Pflicht, die Bedingungen zu schaffen und dafür digitale Technologien zu nutzen, damit diese Gruppe von Arbeitnehmer/innen Sicherheit genießt, fair behandelt und angemessen vergütet wird.
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