Toolbox KMU: Handlungsfeld 1
Strategie und Weiterentwicklung des Unternehmens
Darum geht's
Das Wichtigste in der Arbeit des Betriebsrates ist es, seinen Teil für den Erhalt und die Weiterentwicklung des Unternehmens beizutragen. Wenn der Betrieb nicht mehr existiert, gibt es auch keinen Betriebsrat mehr. Dafür beteiligt sich der Betriebsrat an der Strategie des Unternehmens und entwickelt eine eigene Betriebsratsstrategie.
Überblick
In diesem Handlungsfeld geht es um die Strategie und den Erhalt bzw. die Weiterentwicklung des Unternehmens und die Betriebsrats-Strategie:
Betriebsräte stehen oft vor vielen akuten Problemstellen, die es zu bewältigen gilt. Oft sehen sie sich dadurch nur in der Lage „Erste Hilfe“ zu leisten. Es ist aber wichtig für Betriebsräte, auch eine eigene Strategie zu haben und langfristig den Erhalt und die Weiterentwicklung des Unternehmens zu sichern. Wenn das Unternehmen nicht mehr existiert, ist auch keine Interessenvertretung mehr möglich.
Was ist zu tun?
- Wir entwickeln eine eigene Betriebsratsstrategie und verfolgen sie.
- Wir definieren, wo wir langfristig hinwollen und unsere Ziele als BR.
- Wir erarbeiten eigene strategische Forderungen und Vorschläge zur Unternehmensstrategie.
- Wir erfragen Informationen über die Unternehmensentwicklung bei der Geschäftsführung systematisch und zeitnah.
- Wir arbeiten mit den Unternehmensvertretern auf Augenhöhe zusammen.
- Wir setzen uns aktiv für den Erhalt und die Weiterentwicklung des Unternehmens ein.
- Wir fordern frühzeitige Information und Beteiligung durch das Management ein.
- Wir informieren die Belegschaft frühzeitig über unsere strategischen Ziele und Forderungen.
- Wir nutzen Arbeitsgruppen und Projekte für unsere strategische Arbeit.
- Wir setzen uns für Innovationen und Verbesserungen im Unternehmen ein.
- Wir gestalten die Digitalisierung mit.
- Wir nehmen Einfluss auf betriebliche Projekte und Prozesse.
- Wir arbeiten mit internen Sachkundigen und externen Experten, Juristen und anderen Beratern zusammen.
Werkzeuge
Hier aufgeführt sind Fragstellungen, die helfen, die gegenwärtige Situation, das Umfeld und die Entwicklungschancen zu untersuchen. Sie sind Grundlage für eine einfache und übersichtliche Analyse und ermöglichen es dem BR, proaktiv und ergänzend zur Geschäftsführung zu agieren statt nur zu reagieren.
Der Betriebsrat bringt sich aktiv in die Strategie des Unternehmens ein. Er formuliert eigene Ideen und Vorschläge. Er prüft die verschiedenen Weiterentwicklungsfelder des Unternehmens hinsichtlich eines Entwicklungsbedarfes im Rahmen der Interessenvertretung der Beschäftigten.
Es ist nicht Aufgabe des Betriebsrates, eine Unternehmensstrategie zu entwickeln, aber es ist wichtig, dass es eine wirksame Unternehmensstrategie gibt, die die Beschäftigung absichert und die Weiterentwicklung des Unternehmens unterstützt. Hier gilt es, als Betriebsrat die richtigen Fragen zu stellen und mit seiner Praxiserfahrung zu prüfen, ob die Antworten stichhaltig sind.
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Die meisten Betriebsräte sind geleitet von bestimmten Werten, die ihnen für ihre Arbeit wichtig sind. Diese Werte müssen immer konkreter werden, damit sie umgesetzt werden können bis hin zu konkreten Maßnahmen des Betriebsrates. Mit der Wie-Frage werde ich konkreter, mit der Warum-Frage komme ich auf die nächsthöhere Ebene.
In der Regel haben Betriebsräte keine Strategieentwicklung gelernt. Diese Anleitung soll für eine Strukturierung der Strategiearbeit des Betriebsrates hilfreich sein. Erst wird die Ausgangssituation analysiert, dann eine Zukunftsperspektive erarbeitet. Daraus leiten sich dann die Strategie und die Umsetzungsschritte ab.
Das Einbringen von positiven und attraktiven Vorstellungen über gute Arbeit und gute betriebliche Zustände in der Zukunft stärkt die Akzeptanz und Durchsetzungsfähigkeit des Betriebsrates. Dabei ist es hilfreich für das Gremium, den Zusammenhang von Vision, Zielen, Motivation, Kommunikation, Beteiligung und Erfolgskontrolle zu kennen und aktiv zu gestalten.
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Der Betriebsrat stellt die Entwicklung des Unternehmens in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Zahl der Beschäftigten dar. Diese wird ins Verhältnis gesetzt zu bestimmten Ereignissen im Unternehmen.
In: Innovation und Beteiligung - Eine Handlungshilfe für Betriebsräte, S. 18
In: Innovation und Beteiligung - Eine Handlungshilfe für Betriebsräte, S. 25-26 und ausführliches Anwendungsbeispiel bis S. 35
Links
Innovation und Beteiligung - Eine Handlungshilfe für Betriebsräte
Konkrete Handlungshilfen und Instrumente für einen erfolgreichen Innovationsprozess. Grundlegende Vorarbeiten kann der Betriebsrat aber bereits mit wenigen Schritten realisieren: Soll ein Innovationsvorhaben durchgeführt werden, hat sich ein 3stufiger Ablauf bewährt.
Innovation und Beschäftigung in KMU
Überblick über verschiedene Instrumente für die Arbeitnehmervertretung geben und sie befähigen, Innovationsprozesse aktiv anzustoßen oder kooperativ zu begleiten. Eine erfolgreiche Implementierung von Innovationen dient so auch dem Ansehen der Arbeitnehmervertretung und fördert die Wertschätzung für ihre Arbeit.
Arbeit und Innovation
Arbeits- und innovationspolitische Informationen, Checks und Analysen zur Unternehmenssituation und Projekte zum Thema Arbeit und Innovation sowie Kontakte zu Beratern und Experten.
InnoKenn
Zentrale Merkmale innovativer Unternehmen lassen sich in die Themenfelder Strategie, Prozess, Struktur und Mitarbeiter untergliedern. Auf diesen vier Dimensionen beruht der Grundaufbau von InnoKenn. Die inhaltlichen Einschätzungen des Diagnosetools werden anhand von 16 Merkmalen ausgewertet.
Besonders zu beachten in KMU
GewerkschaftssekretärKMU-Betriebsräte müssen sich stärker um die unternehmerischen Entscheidungen kümmern und hier Interesse zeigen. Dann bleiben sie gefragt.
KMU-Unternehmen sind besonders oft von Insolvenzen betroffen. Die Sicherung des Unternehmens hat deswegen bei ihnen besondere Bedeutung, und sollte deshalb zentrales Feld der BR-Arbeit sein. Die richtigen Fragen an die Unternehmensleitung bewirken oft schon sehr viel.
Beispiele Guter Praxis
Wolfgang Däubler, Experte für Arbeitsrecht an der Universität BremenOhne eigene Strategie nutzen einem die ganzen rechtlichen Dinge nichts.
Bei der Kreis Weseler Abfallgesellschaft wurde der Betriebsrat lange nicht am Prozess der Planung der zukünftigen Entwicklung und Diversifizierung des Unternehmens beteiligt und wenig informiert. Das Gremium entschloss sich, strategische Arbeitsgruppen zu bilden und die Unternehmensseite zur Mitarbeit einzuladen. Arbeitsgruppen wurden forciert und auch betriebliche Sachverständige hinzugezogen. Die Beschäftigten wurden zu ihren Vorstellungen und Wünschen befragt. Experten aus dem gewerkschaftlichen Netzwerk wurden in die Arbeit integriert. „Wir haben eigene Ideen und Vorschläge des Betriebsrates entwickelt und in die strategischen Arbeitsgruppen eingebracht. Wir kommunizieren jetzt auf Augenhöhe mit der Unternehmensleitung. Die Themen und Ergebnisstände unserer Arbeit werden regelmäßig an die Beschäftigten kommuniziert.“ sagt der Betriebsratsvorsitzende Stefan Mertens.
Harald Frick, Betriebsratsvorsitzender der Astronergy Solarmodule GmbHEvoco hat uns in der Begleitung während des Projektes dabei unterstützt, eine Doppelstrategie zu fahren: Wenn es sein muss, suchen wir die Auseinandersetzung. Andererseits beschäftigen wir uns mit strategischen Überlegungen, wie der eigene Standort erhalten werden kann.
Im Werk eines Herstellers von Gipskartonplatten hat der Betriebsrat seine Arbeit, angeregt durch das HBS-Projekt, in die 6 strategischen Felder gegliedert und diese gemeinsam priorisiert. In einer quartalsbezogenen Arbeitsplanung werden die Aktivitäten und Ergebnisse besprochen, bewertet und die Vorgehensweise an die Situation angepasst. Damit die Ressourcen des Gremiums besser genutzt werden können, wurden Zuständigkeiten und Befugnisse neu zugeordnet. In Gesprächsrunden mit Führungskräften werden strategische und operative Themen diskutiert, Einschätzungen ausgetauscht und Vorschläge entwickelt. „Unsere Planung für die strategischen Felder gibt uns selbst Orientierung, verschafft uns mehr Respekt bei den Führungskräften und verbessert unsere Kommunikation mit den Beschäftigten. Wir haben auch die Kollegen in der Vertrauenskörperschaft und den zuständigen Gewerkschaftssekretär in unsere Planung mit einbezogen. Das war für uns besonders hilfreich.“, sagt der Betriebsratsvorsitzende Wolfgang Pankoff.
Harald Frick, Betriebsratsvorsitzender der Astronergy Solarmodule GmbHZusammen mit den Beratern haben wir im Projekt an einem Vertriebskonzept gearbeitet. Wir waren als Marke zu unbekannt. Wir müssen uns abheben aus dem Meer der Beliebigkeit. Den Preiskampf mit den Billiganbietern können wir nicht gewinnen.
Der Betriebsrat einer Papierfabrik reagierte auf die Schließungspläne der Geschäftsführung mit einem innovativen zusätzlichen Geschäftskonzept, nämlich der Untervermietung von Ressourcen und Infrastruktur. Zuvor liefen umfangreiche Vorbereitungen durch Marktanalysen, Medien- und Netzwerkarbeit und Verhandlungen mit der Geschäftsführung, die sich aber mit dem Erhalt eines Großteils der Arbeitsplätze voll auszahlten.
Frank Sievert, Betriebsratsvorsitzender der Kingspan Gefinex GmbHDie Reflektion unserer Arbeit, der Mitarbeiterfragebogen und die 6 Handlungsfelder gemeinsam haben uns eine sehr gut Planung und Entwicklung einer BR-Strategie ermöglicht.
Frank Sievert, Betriebsratsvorsitzender der Kingspan Gefinex GmbHWir wussten vor der Betriebsversammlung nicht genau, wie es bei unserem Unternehmen weitergeht. Dann haben wir mit der Begleitung zusammen wichtige Fragen an die Unternehmensleitung formuliert und auf der BV vorgetragen. Wir haben dadurch wichtige Informationen bekommen und sind von der Leitung ernstgenommen worden.