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Projekt: „Orts- und zeitflexibles Arbeiten“

Arbeitszeit im Homeoffice: Was hat sich im Corona-Jahr getan?

Die Frage nach der Arbeitszeit und deren Erfassung ist für viele Beschäftigte zentral. Wie trägt man Arbeitszeit im Homeoffice ein? Was ist mit Mehrarbeit oder Pausen? Einer weit verbreiteten Unsicherheit stehen einige Lösungsmodelle gegenüber.

Die Frage nach der Arbeitszeit, nach deren Erfassung und vor allem nach dem besonderen Umgang damit in Zeiten von Homeoffice beschäftigt sowohl Unternehmen als auch die Belegschaften. Wann (und wie) trägt man Arbeitszeit im Homeoffice ein? Was passiert, wenn zwischendrin der Postbote klingelt oder wenn man sich einen Kaffee kocht? Und was geschieht mit den Überstunden, den Pausen und der Mehrarbeit? Diese und weitere Fragen zum Thema Arbeitszeit (-erfassung) wurden beim vierten Workshop des Projektes „Orts- und zeitflexibles Arbeiten in der betrieblichen Praxis“ mit Vertretern aus Wissenschaft und Praxis besprochen. Der Workshop fand am 28.01.2021 online statt.

Projekt „Orts- und zeitflexibles Arbeiten“

Im Rahmen des Projektes werden Erfahrungen von Betriebsräten, Beschäftigten und Management mit orts- und zeitflexiblen Arbeiten betrachtet. Zentrale Fragestellung ist, wie werden abgeschlossene Vereinbarungen gelebt und was fördert die Umsetzung?

Ansprechpartner für das Projekt: 
Prof. Dr. Ingo Matuschek – ingo.matuschek@hdba.de, Tel. 0385 540 84 76
Christoph Krause (M.A.) – christoph.krause@arbeitsagentur.de, Tel. 0385 540 84 96

Arbeitszeiterfassung

In Bezug auf die Erfassung von Arbeitszeiten zeigen sowohl die Forschung als auch die Praxis eine große Bandbreite von unterschiedlichen Praktiken, Tools und Handhabungen. Sehr häufig laufen diese betriebsspezifischen Systeme der Arbeitszeiterfassung sehr gut, sie wurden jedoch in manchen Bereichen vor allem durch die Corona-Pandemie und dem daraus resultierenden Homeoffice vor Herausforderungen gestellt. Hier zeigt sich, dass die Umsetzung der Arbeitszeiterfassung unterschiedlich gehandhabt wird und häufig problemlos gelingt. 

Die größten Unterschiede in den Betrieben lassen sich in Bezug auf die Art der Zeiterfassung sowie auf die Technisierung der Zeiterfassung aufzeigen. Hier ergibt sich in der betrieblichen Praxis ein Spannungsfeld: Einerseits gibt es Betriebe deren Beschäftigte minutiös jede einzelne Minute Arbeitszeit erfassen und eintragen (müssen). Auf der anderen Seite gibt es aber auch standardisierte und pauschalisierte Verfahren der Eintragung, unabhängig von der tatsächlichen Arbeitsleistung. Gelegentlich machen sich die Beschäftigten selbst Druck und meinen, sehr penibel jede noch so kleine Unterbrechung ausweisen zu müssen. Ob jede einzelne Minute Arbeitszeit eingetragen wird oder ob die klassisch standardisierte Arbeitszeiterfassung (08.00-16.00) vorgenommen wird, hängt häufig auch mit der technischen Umsetzung der Erfassung zusammen. Auch hier zeigen sich Differenzen, verschiedene Betriebe nutzen bereits direkt auf mobiles Arbeiten zugeschnittene Tools zur Arbeitszeiterfassung. Wie immer auch erfasst wird: Berührt wird davon nicht zuletzt die Frage nach dem Vertrauen in die Leistungsbereitschaft der Beschäftigten, aber auch die Frage nach einer besonderen Fürsorgepflicht der Arbeitgeber. 

Abweichungen, Mehrarbeit und Unsicherheiten

Die rein technische Arbeitszeiterfassung, egal ob mit einem spezifischen Tool oder einer händischen Eintragung in eine Excel Liste, gelingt fast allen Beschäftigten umstandslos. Unsicherheiten entstehen jedoch häufiger bei der konkreten Umsetzung, bei Abweichungen der Arbeitszeit oder bei Mehraufwand. An der Stelle zeigen sich spannende Extreme: Auf der einen Seite zeigt die Forschung, dass viele Beschäftigte auch im Homeoffice einen herkömmlichen Arbeitsalltag führen. Wo nicht durch Familie, Kinderbetreuung, Ko-Präsenz von anderen Familienmitgliedern oder ähnliches beeinflusst, gestaltet sich die Arbeitszeiterbringung häufig genau wie im Büro (dieselben Arbeits- und Pausenzeiten etc.). 

Dort, wo es die eben genannten Umstände erfordern, zeigen sich zeitliche Verschiebungen, die aktiv angegangen werden und auch als Teil der Realität des Homeoffice akzeptiert sind: Sei es das Arbeiten außerhalb der sonst alltäglichen Arbeitszeit (häufig sind in Betrieben, wo möglich, aktuell Kernarbeitszeiten ausgedehnt) oder auch die Bereitschaft für Mehrarbeit. Hierbei unterscheiden Beschäftigte jedoch stark nach Freiwilligkeit krisenbedingter Mehrarbeit und einer „neuen Normalität der Mehrarbeit im Homeoffice“. Letzteres spüren sie zunehmend als unausgesprochene Erwartungen an sie. Damit leisten sie Mehrarbeit, die aber nicht eingetragen wird. 

In Bezug auf Arbeitszeiterfassungen und die daraus entstehenden Unsicherheiten zeigte sich dennoch überwiegend eine gefestigte Vertrauens- und Informationskultur. Unsicherheiten entstehen bei Beschäftigten häufig aus „Nicht-Wissen“, etwa durch „Nicht-Kommunikation“ sowie durch eine Misstrauenskultur innerhalb des Betriebes. In der Folge entsteht eine wenig nachhaltige Überstundenkultur, die mehr oder weniger unsichtbar bleibt. Betriebliche Fürsorge sollte dem entgegentreten und aktiv informieren, was wirklich erwartet wird und was nicht. Fast alle Beschäftigten honorieren oder wünschen sich genau eine solche vertrauensvolle Arbeits- und Betriebskultur.

Abbau von Unsicherheiten

Durch die aktuelle Situation und insbesondere im Hinblick auf neue Tools wie Kommunikationssoftware, Video-Systeme oder Funktionen in einzelnen Programmen werden konkrete Kommunikations- und Qualifizierungsmaßnahmen sehr geschätzt. Diese müssen nicht immer in Form einer direkten Weiterbildung sein, oftmals reichen niedrigschwellige Angebote nach Aussage der Beschäftigten und fast immer führen diese zum Abbau von Unsicherheiten. Da dieser Vorteil bereits einigen Betrieben deutlich geworden ist, werden derartige Angebote immer stärker mitbedacht und schließlich eingeführt, ohne dass von einer flächendeckenden Verbreitung zu sprechen wäre. Deren Ziel wäre es vor allem, Unsicherheiten in Bezug auf Mehrarbeit und Arbeitszeiterfassung abzubauen. 
Insbesondere die Betriebe, die über eine gefestigte Kultur der Betriebsvereinbarungen verfügen, sind in dieser Hinsicht Vorreiter, so der Eindruck aus den Berichten der Betriebsräte – die fundamentalen Fragen sind oft geklärt und so fallen Vereinbarungen zu Corona-bedingter Arbeit wie auch die Einsicht in die notwendigen Rahmungen orts- und zeitflexibler Arbeit leichter. Für Betriebe wie für Beschäftigte ist dies ein echter Vorteil in der betrieblichen Praxis des Homeoffice. 

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