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Weiterbildung auf Augenhöhe

Betriebliche Weiterbildungsmentor*innen

Weiterbildung ist notwendig, aber sie ist in vielen Betrieben nicht zielgerichtet und bleibt häufig ein bloßes Lippenbekenntnis. Weiterbildungsmentor*innen sind ein neuer und arbeitnehmerorientierter Ansatz, dem entgegenzuwirken.

Betriebliche Weiterbildung

Wie kann die Beteiligung an Weiterbildung in den Betrieben erhöht werden? Und welche Rolle können Gewerkschaften dabei spielen? 

Potenziale der Weiterbildungsmentor*innen 

Weiterbildungsmentor*innen (WBM) kommen aus der Belegschaft, sie sind Kolleg*innen. Das unterscheidet sie von außerbetrieblichen Beratungsangeboten, aber auch von arbeitgeberseitig verankerten Personal- oder Bildungsabteilungen. WBM können auf Augenhöhe Gespräche führen, sie besitzen kein Sanktionspotenzial, eher schon einen Vertrauensvorschuss der Beschäftigten. Sie sind geeignet, um auf individuelle Weiterbildungshemmnisse einzugehen. Für die Rolle können z.B. Betriebsrät*innen und Vertrauensleute in Frage kommen. WBM sollen dazu beitragen, dass sich mehr Menschen im Betrieb weiterbilden, vor allem bislang benachteiligte Gruppen.  

Wie werden die Potenziale von Weiterbildungsmentor*innen in den Betrieben genutzt? Was ist notwendig, damit sich diese neue noch wenig bekannte Rolle etabliert? Das werden die gewerkschaftlichen Projekte und die von der Hans-Böckler-Stiftung geförderte Begleitforschung und Evaluationen zeigen.  

Das Matthäus-Prinzip in der Weiterbildung 

Die Chancen für eine Teilnahme an Weiterbildung sind sehr unterschiedlich verteilt nach dem Motto „Wer hat dem wird gegeben.“ Das heißt im übertragenen Sinn, wer Freude an Weiterbildung hat und gebildet ist, hat einen leichteren Zugang zu erneuter Weiterbildung als Menschen, die eher fern von Bildung sind. Auf diese Weise trägt Weiterbildung dazu bei, dass gesellschaftliche Ungleichheit verstärkt anstatt abgebaut wird. Der Zusammenhang zwischen Weiterbildungsbeteiligung und formalem Bildungsniveau wird seit langem in der Weiterbildungsforschung als Matthäus-Prinzip beklagt.  

Daran hat auch eine deutliche Ausweitung der Mitbestimmungsrechte von Betriebsräten Ende der 1990er Jahre nichts geändert. Die Beteiligungsmöglichkeiten und Vorschlagsrechte zu Weiterbildungsfragen werden von den Interessenvertretungen nur selten voll ausgeschöpft. Ebenso haben tarifliche Vereinbarungen oder eigene Weiterbildungstarifverträge die in sie gesetzten Hoffnungen nur bedingt erfüllt. Die betrieblichen Weiterbildungsmentor*innen sind ein neuer Ansatz, um Weiterbildung stärker zu verankern.  

Ziele der Weiterbildungmentor*innen 

Anstrengungen zur Förderung einer breiten Weiterbildungsbeteiligung für alle sind angesichts des beschleunigten Strukturwandels sehr wichtig und werden in der Nationalen Weiterbildungsstrategie adressiert (vgl. BMAS/BMBF 2019). Ausgangspunkt und Hintergrund sind die im internationalen Vergleich geringe Weiterbildungsteilnahme sowie die ungleichen Zugangsmöglichkeiten zur Weiterbildung in Deutschland. Einige der neuen Projekte knüpfen an den britischen Erfahrungen mit gewerkschaftlich orientierten „Learning Representatives“ an. In diesem Zusammenhang werden an die WBM Hoffnungen geknüpft, um eine erhöhte Beteiligung an Weiterbildung zu erreichen. Weiterbildungshemmnisse und ungleiche Zugangschancen sollen durch gezielte Angebote in der Beratung und Lernbegleitung abgebaut werden. Die Grundidee der Projekte ist, Weiterbildung auf der Basis von Vertrauen in den Betrieben zu etablieren, Zugänge zu ebnen sowie Prozesse zur Kompetenzentwicklung zu unterstützen.  

Die Gewerkschaften IGBCE, IG Metall, NGG und ver.di führen unterschiedliche Projekte durch, um Menschen für die Aufgaben der Weiterbildungsmentor*innen zu qualifizieren. Die Begleitforschung für diese Projekte wird von der Hans-Böckler-Stiftung übernommen.

  • Im WBM-Projekt der IG Metall geht es um Weiterentwicklung und Transfer von Erkenntnissen aus einem Vorgängerprojekt in die Fläche.
  • Qualifizierung²“ (IG BCE) bezweckt in sozialpartnerschaftlicher Zusammenarbeit mit dem Bundesarbeitgeberverband Chemie (BAVC), WBM in der chemischen Industrie zu implementieren.
  • Mentoren.Bilden.Zukunft“ (NGG) adressiert sowohl den industriellen wie den Dienstleistungssektor (Nahrungs-/Genussmittel-/Getränkeindustrie; Gastgewerbe; Systemgastronomie). 
  • MendiNet“ (ver.di) qualifiziert in vier Branchen: Gesundheitswesen, Ver-/ Entsorgungswirtschaft, Versicherungsdienstleistungen und kommunale Verwaltung. 

Weiterführende Informationen

  • Fernuniversität Hagen, Forschungsprojekt WBM
  • Denk-doch-mal.de; Ausgabe 1/22
  • BMAS/BMBF - Bundesministerium für Arbeit und Soziales; Bundesministerium für Bildung und Forschung (2019): Strategiepapier Nationale Weiterbildungsstrategie 2019. Berlin. 

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