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Mitbestimmungsindex (MB-ix)

Unternehmensmitbestimmung in Nordrhein-Westfalen

NRW ist das beschäftigungsstärkste Bundesland und Großkonzerne haben eine hohe Bedeutung. Die Verankerung der Mitbestimmung befindet sich auf einem hohen Niveau. Gleichzeitig sinkt dort die Zahl der Beschäftigten – und damit die Strahlkraft der Mitbestimmung.

Grafik MB-ix

Es gibt etliche Untersuchungen zur tariflichen Abdeckung oder zur Verbreitung von Betriebsräten in Nordrhein-Westfalen. Was bisher allerdings fehlt, ist ein Überblick zur Verbreitung und zum Stand der Unternehmensmitbestimmung in dem Bundesland. Denn der Besatz an mitbestimmten Unternehmen variiert deutschlandweit. So sind beispielsweise im Vergleich zu den östlichen und nördlichen Bundesländern viele börsennotierte mitbestimmte Unternehmen in Nordrhein-Westfalen ansässig, genauer charakterisiert wurden sie aber bisher noch nicht. Der Mitbestimmungsindex liefert dazu weitere Informationen.

Icon Mitbestimmungsindex

Der Mitbestimmungsindex (MB-ix)

Wie stark ist die Mitbestimmung in einem Unternehmen verankert? Wie trägt Mitbestimmung zu einer zukunftsweisenden Unternehmensführung bei? Der MB-ix gibt Auskunft. 

Anhand von sechs Indikatoren analysiert er die Konfiguration der Repräsentation von Arbeitnehmer*innen primär im Aufsichtsrat. In mehreren Studien wurde mit Hilfe des MB-ix untersucht, ob und wie stark der Einfluss der Mitbestimmung auf andere Kennzahlen der Unternehmensperformanz ist (z.B. auf Investitionsquoten, Cash-Flow, Produktivität, Ausbildungsquoten und die grundlegende strategische Ausrichtung).

MB-ix in NRW 2020

Wie viele börsennotierte, paritätisch mitbestimmte Unternehmen gibt es in Nordrhein-Westfalen?

25 Unternehmen sind börsennotiert und paritätisch mitbestimmt. Sie hatten Ende 2020 weltweit zusammen 1.657.613 Beschäftigte, davon 631.281 in Deutschland. Da alle diese Unternehmen ihren Sitz in Nordrhein-Westfalen haben, ist zu vermuten, dass ein Großteil dieser Beschäftigten auch in Nordrhein-Westfalen tätig ist, genaue Zahlen werden leider nicht veröffentlicht. Hinzu kommen die Auszubildenden: die 25 Konzerne haben zusammen in Deutschland etwa 27.000 Auszubildende bzw. dual Studierende. Auch hier wird vermutet, dass der weit überwiegende Teil in Nordrhein-Westfalen tätig ist. 

Wie kann die Verankerung der Mitbestimmung in diesen Unternehmen charakterisiert werden und welche Branchenunterschiede treten auf? 

Die 25 börsennotierten, paritätisch mitbestimmten Unternehmen erreichen im Durchschnitt einen MB-ix in Höhe von 86 von möglichen 100 Punkten. Das Minimum liegt bei 40 Punkten. Das Maximum von 100 Punkten, wenn also alle MB-ix-Komponenten voll erfüllt sind, erreichen sechs Unternehmen. Weitere acht Unternehmen liegen bei 90 Punkten oder mehr. Die Verankerung der Mitbestimmung in Nordrhein-Westfalen erreicht damit ein hohes Niveau. Die Karte zeigt die betrachteten Unternehmen kategorisiert nach MB-ix-Klassen. 

Klar ersichtlich ist dabei vor allem eine Konzentration der Unternehmenssitze in den Städten Düsseldorf, Essen und Köln. Auch wenn die Anzahl der Unternehmen teils niedrig ist und die Interpretation der durchschnittlichen MB-ix-Werte damit Beschränkungen unterliegt, so ist das MB-ix-Niveau in den Branchen „Transport und Logistik“, „Industrie (Konsumgüter)“ höher als bei „Industrie (Investitionsgüter) und Handel“ und dort wiederum höher als im Bereich „Finanzen und Dienstleistungen“. 

Grafik: Veränderung der MB-ix-Komponenten

Wie hat sich die Zahl der börsennotierten, paritätisch mitbestimmten Unternehmen in Nordrhein-Westfalen entwickelt (2006-2020) und wie die institutionelle Verankerung der Mitbestimmung?

Für den Zeitvergleich werden von den 25 Unternehmen die 15 genauer betrachtet, die zwischen 2006 und 2020 in allen Jahren börsennotiert und paritätisch mitbestimmt waren. Wenn über diesen Zeitraum die MB-ix-Komponenten betrachtet werden, so zeigt sich, dass eine hohe Kontinuität vorliegt (siehe Abbildung). 

Alle Komponenten – bis auf eine – sind auf einem hohen Niveau und bleiben es über die Zeit auch. Einzig das eigenständige Personalressort befindet sich auf einem niedrigeren Niveau: etwa zwei Drittel verfügen über ein eigenständiges Ressort. Zudem gibt es Schwankungen, je nachdem ob in Einzeljahren solche Berufungen bzw. Abberufungen vorgenommen werden. 
 

Insgesamt kann mit Blick auf die 15 betrachteten Unternehmen konstatiert werden, dass das Niveau der Verankerung der Mitbestimmung auf Unternehmensebene derzeit hoch ist. Das jeweilige unternehmensspezifische Mitbestimmungsniveau bleibt zudem über die Zeit stabil, was auf eine pfadabhängige Entwicklung hindeutet.

Aus Sicht der Beschäftigten ist eine weitere Entwicklung im Betrachtungszeitraum erwähnenswert. Denn die Anzahl der Beschäftigten, bezogen auf die gesamten Konzerne als auch auf den Anteil in Deutschland, zeigt einen deutlichen Rückgang: Während in den 15 Unternehmen 2008 weltweit noch 1,76 Mio. Beschäftigte tätig waren, sind es 2020 noch etwa 1,43 Mio., also ein Rückgang um fast 20 Prozent. Und auch die Zahl der Beschäftigten in Deutschland geht zurück, von etwa 790.000 auf 546.000, also ein Minus von etwa 30 Prozent. Ein Teil der Erklärung ist die fortschreitende Internationalisierung, denn auch der relative Anteil der Beschäftigung in Deutschland an den Konzernbeschäftigten sinkt. Eine weitere Ursache liegt in großen Abspaltungen und Umstrukturierungen, wie etwa bei Metro/Ceconomy, RWE/Innogy oder ThyssenKrupp. Aber auch kontinuierlich rückläufige Zahlen sind zu erkennen, etwa bei Bayer, Ceconomy, Deutsche Telekom, E.ON und ThyssenKrupp. Nur Deutsche Post DHL und – bis vor Corona – auch Deutsche Lufthansa haben Beschäftigung in Deutschland aufgebaut. Auch wenn es damit kein ganz einheitliches Bild in der Beschäftigtenentwicklung gibt, so verliert die Strahlkraft der paritätisch mitbestimmten Unternehmen in NRW ihren Glanz.

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