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Geschlechterquote in Vorständen

Führungspositionengesetz wird ausgeweitet

Der Frauenanteil in Aufsichtsräten, die unter die Quote fallen, ist gestiegen, während sich freiwillige Zielgrößen in Vorständen zu einem großen Teil bei „Null“ bewegen. Freiwilligkeit hat sich nicht bewährt. Nun hat der Gesetzgeber reagiert.

Seit 2016 ist eine feste Geschlechterquote von 30% für Aufsichtsräte in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen durch das Führungspositionengesetz (FüPoG) festgelegt. Ebenso ist eine verbindliche Zielvorgabe für Aufsichtsräte, Vorstände und die obersten Management-Ebenen in börsennotierten oder mitbestimmten Unternehmen verpflichtend (sog. flexible Geschlechterquote). Dabei gibt es jedoch keine Mindestzielgröße und somit war auch die Zielgröße „Null“ möglich. Die Zielgröße musste nur über dem bestehenden Frauenanteil liegen (Verschlechterungsverbot). Außerdem ist eine Frist zu benennen, bis wann die Zielgröße erreicht sein soll.

Ein Evaluationsgutachten kam zu dem Ergebnis, dass sich 78,2% der betroffenen Unternehmen keine Zielgröße oder die Zielgröße „Null“ für eine Geschlechterquote im Vorstand gesetzt haben. Der Frauenanteil in den Vorständen hat sich im Vergleich zu den vorgeschriebenen Quoten in den Aufsichtsräten entsprechend deutlich schlechter entwickelt.

Nun soll das Zweite Führungspositionengesetz (FüPoG II) diese Lücke schließen. Nach dem Bundestag hat am 25. Juni 2021 auch der Bundesrat diesem Gesetz zugestimmt. Es ist bereits am 12. August 2021 in Kraft getreten.

Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

Eines von drei Vorstandsmitgliedern muss eine Frau sein

Künftig muss in Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern in börsennotierten und paritätisch mitbestimmten Unternehmen mindestens eine Frau und ein Mann vorhanden sein (Mindestbeteiligung). Von 66 Unternehmen, die von dieser Neuregelung betroffen sind, haben 21 zurzeit keine Frau im Vorstand. Über das Anknüpfen an die paritätische Mitbestimmung will der Gesetzgeber sicherstellen, dass Unternehmen betroffen sind die „einer besonderen Sozialbindung unterliegen“ und wegen ihrer großen Belegschaft (mehr als 2.000 AN) eine „hohe gesellschaftliche Identifikationskraft“ haben. Eine Bestellung des Vorstands unter Missachtung der Geschlechterquote ist künftig nichtig. Die Neuregelung findet sich in § 76 Abs. 3a. AktG und muss erstmals für Bestellungen beachtet werden, die nach dem 1. August 2022 erfolgen. Bestehende Mandate berührt die Änderung nicht.

Neue Begründungspflicht und bessere Sanktionsmöglichkeit

Bisher mussten sich Unternehmen Zielgrößen für den Anteil an Frauen im Aufsichtsrat, im Vorstand und in den obersten Management-Ebenen setzen. Strafen oder gesetzliche Sanktionen bei Nichteinhaltung der Zielgröße waren nicht vorgesehen. Die Zielgröße „Null“ muss nun laut der neuen Regelung innerhalb des Lageberichts gem. §§ 289 ff. HGB klar begründet und berichtet werden. Bei der Verletzung von Berichtspflichten können den Unternehmen und ihren zuständigen Organen Sanktionen in Form von Bußgeldern drohen. Dennoch wird nach Inkrafttreten des FüPoG II die Zielgröße „Null“ in vielen Unternehmen möglich bleiben.

Zusätzlich zur Quote muss aber künftig auch die angestrebte Anzahl der Frauen beschrieben werden. Dadurch soll sichergestellt werden, dass nur noch solche Quoten gewählt werden, die auch eine volle Person ergeben. Quoten, die gegen diese Vorgabe verstoßen, sind unzulässig.

Ausweitung auf Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes

Die fixe Quote von 30% für Aufsichtsräte wird auf Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligung des Bundes ausgeweitet, z.B. auf die Deutsche Bahn AG. Auch auf die Vorstände dieser Unternehmen hat das FüPoG II Auswirkungen: Dort ist eine Mindestbeteiligung von einer Frau in Vorständen mit mehr als zwei Mitgliedern vorgesehen, unabhängig von der Börsennotierung oder Mitbestimmung.

In Körperschaften des öffentlichen Rechts wird eine Mindestbeteiligung von einer Frau in einem mehrköpfigen Vorstand eingeführt. Davon sind ca. 155 Sozialversicherungsträger wie Krankenkassen, Renten- und Unfallversicherungsträger sowie die Bundesagentur für Arbeit betroffen.

Darüber hinaus hat sich der Bund das Ziel gesetzt, dass bis zum Jahr 2025 50% der Führungspositionen im öffentlichen Dienst von Frauen besetzt sind.

Mutterschutz, Elternzeit und Pflegezeit für Vorstände

Daneben ergänzt das FüPoG II für Vorstandsmitglieder künftig das Recht in Mutterschutz, Elternzeit oder Pflegezeit zu gehen. Sofern es einem Vorstandsmitglied aus diesen Gründen nicht möglich ist, seinen Pflichten vorrübergehend nachzukommen, so kann es den Aufsichtsrat um den Widerruf seiner Bestellung ersuchen. Der Aufsichtsrat muss sodann die Bestellung widerrufen und im Falle des Mutterschutzes die Wiederbestellung nach Ablauf der im Mutterschutzgesetz genannten Zeiträume zusichern. In den Fällen der Eltern- oder Pflegezeit ist die Wiederbestellung nach einem Zeitraum von bis zu drei Monaten zuzusichern. Diese Regelung findet sich künftig in § 84 Abs. 3 AktG.

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