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Unternehmensführung und Mitbestimmung

Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat als Treiber der guten Unternehmensführung

Gute Unternehmensführung ist kein klar definierter Begriff. Viele Menschen assoziieren damit Gerechtigkeit im Unternehmen – im Sinne einer gerechten Entlohnung ebenso wie die Möglichkeit zur beruflichen Entwicklung unabhängig vom Geschlecht. Ebenso wird mit dem Begriff Gerechtigkeit auch das nachhaltige Unternehmen verbunden. Der Aufsichtsrat als Berater und Kontrolleur des Vorstandes kann wesentlich die Weichen hin zu einer besseren Unternehmensführung stellen. Es gibt Ansatzpunkte, um diese voranzutreiben.

Mitbestimmung: Mit gutem Beispiel voran und Veränderung einfordern

Frauen und Männer sind nach dem deutschen Grundgesetz gleichberechtigt. Leider folgt daraus nicht, dass sie auch bei Führungspositionen gleichgestellt sind. Ganz im Gegenteil: Im Jahr 2018 waren nur acht Prozent aller Vorstandssitze in den 160 größten deutschen börsennotierten Unternehmen von Frauen besetzt. Wir haben die Unternehmen unterteilt in mitbestimmte und nicht mitbestimmte Unternehmen. Der Unterschied: In mitbestimmten Unternehmen gibt es doppelt so viele weibliche Vorstände wie in nicht mitbestimmten Unternehmen. Das gleiche gilt für Aufsichtsratsgremien. Während mitbestimmte Unternehmen über 30 Prozent weibliche Aufsichtsratsmitglieder in 2018 haben, sind es in nicht mitbestimmten Unternehmen noch nicht einmal 20 Prozent. Zehn Jahre zuvor war der Unterschied sogar noch eklatanter: In den Aufsichtsratsgremien gab es im Jahr 2008 weniger als zehn Prozent Frauen. Von diesen stellte die Arbeitnehmervertreterseite jedoch mehr als 80 Prozent (Böckler Impuls 2010). Die geschlechterungleiche Besetzung war also eher auf Seiten der Anteilseigner ein gravierendes Problem (Böckler Impuls 2015).

Detailliertere Informationen zum Thema ...

... Frauen in Führungspositionen & Mitbestimmung bietet das WSI-Gender Daten Portal.

Durch das im Mai 2015 verabschiedete Quotengesetz für Aufsichtsräte (FüPoG)hat sich etwas bewegt. Vergleicht man die mitbestimmten Unternehmen, die die Geschlechterquote im Aufsichtsrat erfüllen, mit jenen nicht mitbestimmten, die diese nicht erfüllen müssen, so wurden die verpflichtet, die seit jeher mehr Frauen in Führungspositionen haben. Hier besteht nach wie vor Handlungsbedarf.

Dass der deutsche Gesetzgeber mit dem FüPoG kein ambitioniertes Gesetz beschlossen hat, zeigen europäische Vergleiche. Dass das Gesetz nachjustiert wird, ist daher sehr wahrscheinlich. Aber Aufsichtsratsmitglieder bleiben darüber hinaus in der Verantwortung. Sie können wesentlich dazu beitragen, dass mehr Frauen in die Aufsichtsratsgremien und in die Vorstände einziehen. Insbesondere männliche Vorstandsbestellungen sollte es nicht mehr ohne weibliche Kandidatenvorschläge auf der Short-List geben.

Den Vergütungsabstand berücksichtigen und einfache Systeme beschließen

Das Thema Vorstandsvergütung blickt auf eine weniger lange Geschichte zurück, als das Thema Geschlechtergerechtigkeit in Führungspositionen. Es hat aber in den vergangenen 15 Jahren weitaus mehr gesetzliche Regulierung zu diesem Thema gegeben. Unangemessen hohe Vergütungen für Manager haben Anfang der 2000er Jahre einen Sturm der Empörung ausgelöst. Die Beschäftigten hielten diese für ungerechtfertigt und maßlos, da in dieser Zeit ein stetiger Abbau von Arbeitsplätzen erfolgte und es nur moderate Tariferhöhungen2 gab, obwohl sich die Unternehmensgewinne positiv entwickelten. Es folgte im Jahr 2005 das Gesetz über die Offenlegung der Vorstandsvergütung, um die Vergütung der Vorstände transparenter zu machen. Die Finanzmarktkrise 2008 /2009 offenbarte dann die kurzfristige Orientierung der Vergütungsanreize. Erneut intervenierte der Gesetzgeber und verabschiedete im Jahr 2009 das Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung. Parallel dazu nahm das Thema Vorstandsvergütung immer mehr Raum im Deutschen Corporate Governance Kodex ein. Aber nachweislich hat sich der Abstand zwischen der durchschnittlichen Vergütung eines Beschäftigten und einem Vorstandsmitglied weiter vergrößert.

Wie sich die Relation von Vorstandsvergütung zur Beschäftigtenvergütung ...

... in den Dax Unternehmen entwickelt hat, zeigt der Mitbestimmungsreport Nr. 44 „Manager to worker pay ratio 2017 - Das Verhältnis der Vorstandsvergütung zur Mitarbeitervergütung im DAX 30“ von Marion Weckes. Abrufbar unter:

Verdiente ein Vorstand in einem Dax­-30-­Unternehmen im Jahr 2005 „nur“ das 42­fache eines Beschäftigten, war es zwölf Jahre später bereits das 71­fache. Der DGB hat vielfach auf diesen Missstand aufmerksam gemacht3 und viele Arbeitnehmervertreter und ­-vertreterinnen haben in ihren Aufsichtsratsgremien Informationen zum Vergütungsabstand eingefordert. Dennoch kam es vereinzelt zu Gehältern von mehr als zehn Millionen Euro für einen Vorstandsposten im Jahr. Der Gesetzgeber unternahm keine neuerliche Regulierung. In 2019 hat der Gesetzgeber erst wieder agiert und die Vorstandsvergütung erneut gesetzlich geregelt.4 Das Gesetz wird seit dem 1.1.2020 angewendet. Das Thema Vergütungsabstand zwischen Vorstand und Beschäftigten hat dabei endlich Einzug ins Gesetz gefunden. Das Thema Vergütung ist und bleibt ein sehr komplexes Thema. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Aufsichtsräte verständliche Vergütungssysteme verabschieden und im besten Falle die Diskussion darüber (an­)führen, was an gemessen sein kann. In welchem Verhältnis zu Tarifentgelten sollten Vorstandsgehälter stehen?

Weiterbildung praktizieren und Experte im Hinterfragen sein

Anfang der 2000er Jahre dominierten Bilanzskandale großer renommierter Unternehmen – wie der des amerikanischen Energiekonzerns Enron oder des italienischen Lebensmittelkonzerns Parmalat – die Berichterstattung. Auch deutsche Firmen finden sich immer wieder in der Presse – wie u. a. jüngst der Möbelkonzern Steinhoff, der Leuchtenhersteller Hess AG oder der Bohrmaschinenhersteller Flowtex. Allesamt Unternehmen – früher wie heute –, deren Bilanzen von Wirtschaftsprüfern (WP) testiert wurden. Der deutsche Gesetzgeber hat frühzeitig versucht, die Prüfungsqualität der WP durch eine weitere Instanz kontrollieren zu lassen. Die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) wurde im Jahr 2005 gegründet und kontrolliert separat noch einmal die börsennotierten Unternehmen. Das Problem, das wir sehen: Die DPR kommuniziert nur mit dem Vorstand. Es gibt keine durch den DCGK empfohlene oder gesetzlich vorgeschriebene Interaktion zwischen DPR-Prüfer und Aufsichtsrat, geschweige denn Prüfungsausschuss. Das führt dazu, dass die Informationstiefe seitens des Vorstands gegenüber dem Aufsichtsrat sehr unterschiedlich ausfällt. Getreu dem Motto: „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ kann der Aufsichtsrat jedoch hier proaktiv Informationen einfordern.

Eine der wichtigsten Aufgaben des Aufsichtsrats ist die Prüfung des Jahresabschlusses (vgl. Aktiengesetz § 171 Absatz 1). Das Themenfeld Rechnungslegung erfordert eine kontinuierliche Weiterbildung, gerade auch durch die sich ständig weiterentwickelnden IFRS-Standards. Wir bieten als Unterstützung praxisnah aufbereitete Informationen sowie direkte Beratung und Schulungen. Deren Ziel ist es, zu befähigen, gezielt Fragen zu stellen, um so Treiber sein zu können, so dass der Vorstand eine gute Unternehmensführung und -bilanzierung praktiziert.

Zum Jahresabschluss sowohl nach HGB und IFRS bieten wir detaillierte Informationen:

Das I.M.U. mit seinen Expertinnen und Experten:

Literatur
Böckler Impuls (2015): Gender – Noch viel Nachholbe­darf bei der Quote, Böckler Impuls, Ausgabe 12/2015
Böckler Impuls (2010): Gender – Per Gesetz mehr Frauen an die Spitze, in: Böckler Impuls, Ausgabe 09/2010