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Wahl der Schwerbehindertenvertretungen

Ein echter Schnittstellenjob: Die SBV

Für Menschen mit Behinderungen ist der Arbeitsmarkt schwer zugänglich. Die Schwerbehindertenvertretung wirkt darauf hin, den Anteil schwerbehinderter Beschäftigter zu erhöhen – jetzt wird sie gewählt.

Trotz der gesetzlichen Verpflichtung der Arbeitgeber, fünf Prozent Schwerbehinderte zu beschäftigen, liegt der Anteil in vielen Betrieben deutlich darunter. Das hat eine Untersuchung des WSI ergeben. Nachholbedarf gibt es vor allem in nicht mitbestimmten Unternehmen und kleineren Betrieben. Dabei spielt die Schwerbehindertenvertretung eine wichtige Rolle.

Policy Brief Nr. 71

Beschäftigung von Schwerbehinderten und ihre Vertretung im Betrieb

von Florian Blank und Wolfram Brehmer

WSI Policy Brief 71, 2022, 14 Seiten

Die auf einer repräsentativen Befragung beruhende Untersuchung zeigt dass in mitbestimmten Betrieben Inklusion erfolgreicher umgesetzt wird als in anderen. Nachholbedarf gibt es aber auch dort:

Was ist eine Schwerbehindertenvertretung?

Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) vertritt die Interessen schwerbehinderter Menschen in Unternehmen und Dienststellen. Sie informiert und unterstützt Beschäftigte beispielsweise ganz konkret beim Stellen von Anträgen. Die SBV macht schwerbehinderte Beschäftigte sichtbar; sie versucht, Vorurteile abzubauen und sensibilisiert für die Bedürfnisse dieser sehr heterogenen Gruppe.

Sie überwacht, dass Gesetze, Tarifverträge oder Vereinbarungen, die die Teilhabe schwerbehinderter Menschen fördern und sie vor Benachteiligung schützen, umgesetzt werden. Und sie stellt die Verbindung zu den zuständigen Ämtern her, beispielsweise um finanzielle Mittel für die Umgestaltung von Arbeitsplätzen zu beantragen. Nicht zuletzt unterstützt sie den Betriebsrat darin, die Interessen körperlich, geistig oder psychisch beeinträchtigter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wahrzunehmen. Ein echter Schnittstellenjob!

Es gibt viele Parallelen zum Amt der Betriebs- und Personalrätinnen und -räte: Gewählt wird alle vier Jahre – aktuell noch bis Ende November –, es handelt sich um ein Ehrenamt, die Mitglieder der SBV haben Kündigungsschutz. Sie beraten und wirken mit, zum Beispiel bei der Einstellung und Kündigung schwerbehinderter Beschäftigter. Ein wesentlicher Unterschied: Die SBV hat keine Mitbestimmungsrechte.

Info

Schwerbehindertenwahl 2022

Alle vier Jahre findet die Wahl der Schwerbehindertenvertretung statt. In der Zeit vom 1. Oktober bis 30. November 2022 wird gewählt. Betriebe mit mindestens fünf schwerbehinderten Beschäftigten oder ihnen gleichgestellte behinderte Beschäftigte haben ein Recht auf eine spezielle Interessenvertretung. Weitere Infos dazu gibt es hier.

Die Dinge verbindlich machen: Inklusionsvereinbarungen

Die SBV kann aber durchaus verbindliche Regelungen anstoßen und umsetzen, wenn sie sich Verbündete sucht. Inklusionsvereinbarungen konkretisieren die gesetzlichen Grundlagen für die jeweilige Dienststelle oder den Betrieb, sie setzen beispielsweise Ziele für mehr Barrierefreiheit in Büroräumen, im Produktionsprozess oder bei der Nutzung des betrieblichen Intranets. Dabei ist die Zusammenarbeit mit den anderen Interessenvertretungen gesetzlich vorgesehen, denn Betriebs- und Personalräte müssen die Eingliederung Schwerbehinderter fördern und sind als Vertragspartner bei der Inklusionsvereinbarung mit im Boot. Hier zusammenzuarbeiten ist aber auch aus strategischen Gründen sinnvoll: Ziehen die Interessenvertretungen an einem Strang, ist das ein wichtiges Signal sowohl in Richtung Arbeitgeber als auch in die Belegschaft hinein.

Chancen nutzen: Inklusion und Digitalisierung zusammen denken!

Was hat Inklusion mit Digitalisierung zu tun? Bei genauerem Hinschauen birgt die Verbindung aus beiden Chancen für die gute Gestaltung des Wandels in der Arbeitswelt – für alle Beteiligten. Inklusion kann Digitalisierungsschritte anschieben und Digitalisierung kann Inklusion fördern: Wenn Softwaresysteme zum Beispiel barrierefrei gestaltet sind, profitieren nicht nur schwerbehinderte Menschen, sondern die Nutzung wird für alle erleichtert. Digitale Assistenzsysteme in der Produktion wie Datenbrillen sind ein weiteres Beispiel. So entstehen neue Jobchancen und Arbeitgeber können offene Stellen eher besetzen.

Den Inklusionsgedanken bei Digitalisierungsvorhaben im Kopf zu behalten, bietet die Möglichkeit, neue Systeme nicht nur unter Effizienz- und Kostengesichtspunkten zu betrachten, sondern sie so zu gestalten, dass Beschäftigte entlastet und Gesundheitsgefährdungen reduziert werden.

Generell gewinnen natürlich alle, wenn bei der Gestaltung von Arbeitsbedingungen die Gesundheit an erster Stelle steht. Beispielsweise dienen umgestaltete und flexible Arbeitsplätze der Prävention von Erkrankungen – das ist angesichts des demografischen Wandels besonders wichtig.

Die Bedeutung der SBV

Die durch die Digitalisierung und Vernetzung ausgelösten Veränderungen in der Arbeitswelt können also dazu beitragen, die Teilhabe schwerbehinderter Menschen voranzubringen. Die SBV ist in diesem Prozess die zentrale Schnittstelle. Dabei geht es um mehr Fairness im Arbeitsleben und um mehr Teilhabe für Menschen mit Einschränkungen. Aber auch darum, Beschäftigte die (noch) gesund sind, vor körperlichen und psychischen Überlastungen zu schützen. 

Übrigens: Wenn es noch keine SBV im Unternehmen gibt, dann kann jeder Zeit eine gewählt werden. Hier kommen wieder die Betriebs- oder Personalratsgremien ins Spiel: Sie wirken laut Gesetz auf die Wahl der Schwerbehindertenvertretung hin.

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