SMA Solar Technology
Strategische Leitlinie: Nachhaltige Profitabilität
Das Unternehmen fertigt innovative Produkte für die Energiewende mit hohen ökologischen und sozialen Standards. Der Betriebsrat unterstützt die Innovationskultur. Grundlage ist: Beteiligung und die Leitidee einer nachhaltigen Profitabilität.
Wie die Windindustrie ist auch die Solartechnologie in Deutschland in der Vergangenheit heftigen Stürmen ausgesetzt gewesen. Zur Jahrtausendwende galt sie noch als Hoffnungsbranche und startete nach 2004 richtig durch – insbesondere in Mitteldeutschland, wo regelrechte Solarhochburgen entstanden. Doch durch die Entscheidung der damaligen Bundesregierung, den Ausbau der Erneuerbaren Energien zugunsten der Kohleförderung zu drosseln, verlangsamte sich ab 2010 das Ausbautempo, bis der Markt nach 2013 regelrecht einbrach.
Die Ausgangslage
Die SMA Solar Technology AG mit Hauptsitz im nordhessischen Niestetal hat diese wechselvollen Zeiten einigermaßen gut überstanden. Noch 2011 beschäftigte das Unternehmen mehr als 5.000 Mitarbeiter*innen. Nach zwei Personalabbauwellen in den Jahren 2013 und 2015, von denen vor allem der Hauptsitz betroffen war, arbeiten bei SMA heute weltweit etwas mehr als 3.500 Beschäftigte, davon mehr als 2.500 in Niestetal.
SMA Solar Technology existiert bereits seit 40 Jahren und zählt damit zu den ältesten der Solarbranche. Das Unternehmen ist auf die Entwicklung und Herstellung von Systemtechnik für Fotovoltaik und Batteriespeicher spezialisiert und einer der weltweit umsatzstärksten und deutschlandweit bekanntesten Hersteller von Wechselrichtern für Fotovoltaikanlagen mit und ohne Netzanbindung. Für sein auf Nachhaltigkeit ausgerichtetes Produktportfolio und seine Fotovoltaik- und Speicher-Systemtechnik wurde das Unternehmen mehrfach – zuletzt im Dezember 2021 mit einer Platzierung unter den TOP 7 beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis im Transformationsfeld Klima – ausgezeichnet. Besonders hervorgehoben wurden die effizienten Solar- und Batterie-Wechselrichter, aber auch digitale Energiedienstleistungen und umfangreiche Serviceleistungen. Seit drei Jahren bereits veröffentlicht das TecDax-gelistete Unternehmen einen nichtfinanziellen Bericht, in dem es sein Nachhaltigkeitskonzept vorstellt und diesbezüglich erreichte Fortschritte dokumentiert. 2018 erwog SMA Solar Technology, die Produktion, Logistik und Entwicklung nach China zu verlagern und lediglich die Firmenzentrale in Deutschland zu belassen. Der Aufsichtsrat missbilligte allerdings diesen Plan.
Das Unternehmen stellt wichtige Produkte für die Energiewende her. Nachhaltigkeit ist daher das Geschäftsfeld von SMA. Aber auch die Firmenphilosophie basiert auf diesem Gedanken. Mit seiner Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt SMA das Ziel, sowohl die Produkte als auch den gesamten Wertschöpfungsprozess bis hin zu den sozialen Leistungen nachhaltig auszurichten. Die große Herausforderung besteht darin, nachhaltig zu produzieren und wettbewerbsfähig zu bleiben sowie insbesondere der chinesischen Konkurrenz mit ihren subventionierten Märkten und Produkten unter Preis- und Qualitätsgesichtspunkten erfolgreich die Stirn zu bieten.
Neuer Leitgedanke erleichtert die Argumentation
Dass das Thema Nachhaltigkeit fest in der Unternehmensstrategie verankert ist, ist auch ein Verdienst des Betriebsrats. Seit 2018 ringt er um ein Verständnis von Nachhaltigkeit, bei dem es nicht nur um Ökologie und Wirtschaftlichkeit geht, sondern auch um sichere Arbeitsplätze und Gute Arbeit. Darum ging es auch in der Debatte über die neue SMA-Strategie 2025, die auf Drängen des Betriebsrats als breiter Mitarbeiterbeteiligungs- und nicht als klassischer Top-down-Prozess angelegt wurde. Zusammen mit vielen anderen Ideen, die von den Beschäftigten geäußert wurden, schaffte es auch der Begriff „nachhaltige Profitabilität“, in die neue SMA-Strategie eingeschrieben zu werden. Auf diesen offiziellen Leitgedanken, der das Nachhaltigkeitsverständnis des Betriebsrats ausdrückt, kann sich dieser seither in Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber berufen. Darauf ist er nicht nur stolz, sondern dies erleichtert ihm seine Arbeit und Argumentation ungemein.
Martin Breul, BetriebsratsvorsitzenderNachhaltige Profitabilität bedeutet: Das Unternehmen handelt nicht ausschließlich mit Blick auf den Shareholder-Value, sondern muss auch dafür sorgen, die Umwelt zu schonen und die Arbeitsplätze und -bedingungen attraktiv zu halten.
Nachhaltige Produktinnovationen
SMA steht in ständigem Preiskampf, insbesondere mit der chinesischen Konkurrenz, und ist darauf angewiesen, durch Innovationen, Qualität und Nachhaltigkeit zu punkten. In Sachen Nachhaltigkeit arbeitet der SMA-Betriebsrat eng mit dem Nachhaltigkeitsmanagement des Unternehmens zusammen.
Es gibt zwei regelmäßig tagende Unternehmensforen zu diesem Thema, in die der Betriebsrat institutionell eingebunden ist. In dem einen Forum geht es um alle Aspekte nachhaltiger Produktion und Arbeit innerhalb des Unternehmens. Hier kann der Betriebsrat – wie auch die anderen Mitglieder des Forums aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens – eigene Ideen und Vorschläge einbringen, die dann diskutiert und zur Entscheidung vorbereitet werden. In dem anderen Forum stehen die Auswirkungen von politischen Entscheidungen oder Positionen aus Wissenschaft und Verbänden – etwa des Bundesverbands Solarwirtschaft, des VDI, des VDMA und ZVEI, aber auch der Gewerkschaften, insbesondere der IG Metall – auf das Unternehmensgeschehen im Mittelpunkt. Das Forum dient auch dazu, Kontakte zu diesen Institutionen zu knüpfen beziehungsweise zu halten und gegebenenfalls mit ihnen in den Dialog zu treten.
Eine Forderung, für die sich der Betriebsrat seit Jahren stark macht, ist die nach Langlebigkeit und Reparierbarkeit der Produkte. Inzwischen designt SMA seine Wechselrichter auf mindestens zwanzig Jahre Lebenszeit. Die Kunden erhalten eine Zehn-Jahre-Basis-Garantie und können diese sogar auf zwanzig Jahre verlängern. Ferner können bei den Wechselrichtern ganze Baugruppen oder auch einzelne Komponenten ausgetauscht werden.
Im nächsten Schritt will sich der Betriebsrat eingehender mit den Lieferketten befassen, um Umweltschäden und Ressourcenvergeudung zu vermeiden. Bislang bezieht SMA für einen Teil seiner Produkte Aluminium-Druckguss-Gehäuse, deren Produktion mit einem hohen CO2-Ausstoß verbunden ist. Diese will der Betriebsrat künftig klima- und umweltfreundlicher herstellen lassen, genauso wie Platinen, in denen umweltbelastende Kunstharze sowie Kupfer verarbeitet sind.
Schwieriger wird das bei den Batterien. Diese basieren auf der Lithium-Ionen-Technologie und damit auf Materialen, die bisher alles andere als nachhaltig sind. In Bolivien beispielsweise sorgt der Lithiumabbau für eine Grundwasserspiegelabsenkung und für dramatische Umweltfolgen. Deshalb möchte der Betriebsrat mit dafür sorgen, dass SMA schnellstmöglich – wie bereits BMW – auf Natrium-Batterien umstellt, die voraussichtlich ab 2025 innerhalb Deutschlands produziert werden könnten.
Verschwendung ist ein großes Thema für den Betriebsrat. „Weniger wegschmeißen, Müll trennen, ressourcensparendes Arbeiten“ ist für ihn handlungsleitend. Deshalb hofft er, durch die effizientere Nutzung von Energie, den sparsamen Einsatz von Materialien, durch Prozess- und Ressourceninnovationen, Recycling und Gebäudemodernisierung den Preisvorteil der Chinesen aufgrund der dortigen staatlich subventionierten Kohleverstromung kompensieren zu können.
Gerade im Gebäudebereich hat sich bei SMA in den letzten Jahren viel getan. Bei einer neuen Produktionshalle, die 2012 in Betrieb genommen wurde, hatte der Betriebsrat bereits in der Planungsphase 2010 eingefordert, dass diese weitgehend CO2-neutral gestaltet werden sollte. Tatsächlich wurde dort eine dickere Dämmung als üblich vorgenommen, um Heizkosten einzusparen. Es gibt Fotovoltaikanlagen auf den Dächern, um Eigenstrom produzieren und Oberlichter, um das Tageslicht besser einfangen zu können. Auch wird für die Toilettenspülung Regenwasser genutzt.
Als seinen größten Erfolg betrachtet der Betriebsrat aber die spezielle Holzständerkonstruktion, durch die der Anteil an Beton und Stahl auf ein Minimum verringert werden konnte. Dafür erhielt das Unternehmen sogar den Bau-Innovationspreis des Landes Hessen.
Inzwischen verlangt der SMA-Betriebsrat für alle neuen Gebäude grüne Dacheindeckungen. Seinen Strombedarf deckt das Unternehmen heute bereits bis zu 70 Prozent über die eigenen Fotovoltaikanlagen auf den Gebäuden. Für den restlichen Bedarf an Energie bezieht es Fernwärme und grünen Strom von regionalen Anbietern.
Gute Arbeit in einem guten Umfeld
Eine sozial ausgerichtete Unternehmenspolitik beginnt für den SMA-Betriebsrat bereits mit der Beteiligung der Beschäftigten an wichtigen Zukunftsvorhaben des Unternehmens. Ein funktionierendes Ideenmanagement, das gute Ideen insbesondere zu Nachhaltigkeitsthemen belohnt, steht seit Längerem auf der Agenda des Betriebsrats. Viel verspricht er sich von dem Arbeitskreis „Neues Arbeiten bei SMA“, in den auch zwei Betriebsräte eingebunden sind. Dabei handelt es sich um ein internes Chat-Portal zu verschiedenen Themen, zu denen sich die Beschäftigten äußern können.
Dazu passt auch, dass sich der Betriebsrat unternehmensweit für meetingfreie Zeiten einsetzt. Erste Überlegungen laufen darauf hinaus, meetingfreie Zeiten ganztägig freitags oder Meetings nur in einem zeitlichen Korridor von morgens 9 Uhr bis nachmittags 15 Uhr stattfinden zu lassen – einzige Ausnahme wären Meetings mit Kunden. Wichtig ist ihm, den Beschäftigten die Möglichkeit zu geben, die Arbeitsdichte zu verringern und Arbeitszeiten zu entzerren, um den psychischen Druck aus dem Arbeitsalltag herauszunehmen.
Auch mehr Homeoffice ist eine viel diskutierte Option. Die Zukunft sieht der SMA-Betriebsrat allerdings in hybrider Arbeit und hybriden Meetings in einer Arbeitsumgebung, die es den Mitarbeiter*innen erlaubt, im Betrieb beziehungsweise im Büro ihre Arbeit zu machen und weitere Leute online zuzuschalten. Aktuell arbeitet der Betriebsrat an entsprechenden Konzepten für mehr Shared-Desk-Arbeitsplätze mit klaren Standards.
Letztlich bedeutet soziale Nachhaltigkeit für den SMA-Betriebsrat: den Zusammenhalt in der Belegschaft zu fördern, um einer Ellenbogengesellschaft entgegenzuwirken; gute und gesicherte Arbeit, die die Beschäftigten gesund erhält und ihnen berufliche und persönliche Perspektiven bietet; eine Unternehmenskultur, die auf Respekt gegenüber den Beschäftigten basiert und diese stärker als bisher in Entscheidungen einbezieht.
Ausdruck dessen ist ein umfassendes Programm des Unternehmens zur Integration von Menschen mit körperlichen und geistigen Einschränkungen, bei dessen Umsetzung der Betriebsrat und das SMA-Gesundheitsteam eng zusammenarbeiten. Ihr Anteil an der Belegschaft liegt mittlerweile bei 5 Prozent. SMA ist gerade dabei, Tätigkeiten, die in den zurückliegenden Jahren in Behindertenwerkstätten ausgelagert wurden, zurückzuholen und Beschäftigten mit Handicap zu übergeben.
Kontakt
Martin Breul, Betriebsratsvorsitzender