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Gemeinsame Verantwortung von Unternehmen

Menschenrechte weltweit gewährleisten

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) unterstützt die Einführung einer EU-Richtlinie zur Nachhaltigen Unternehmensführung und Due Diligence. Mit einer Unterschriftenkampagne fordern die Gewerkschaften mehr Verbindlichkeit.

Fassade des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Fassade des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses | © EU

Dass Menschen- und Arbeitnehmerrechte in der international verwobenen Welt von Wertschöpfung und Lieferketten heute noch immer verletzt werden, ist ein gesellschaftlicher Skandal. Und zunehmend gefährlich – auch für Unternehmen.

Denn immer mehr Unternehmensleitungen erkennen, dass Menschen- und Umweltrechte zu respektieren, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten im Unternehmen zu fördern und transparent darüber zu berichten, ein Wettbewerbsvorteil sein kann. 

Um diese positive Entwicklung zu unterstützen, benötigt es auch auf europäischer Ebene einen geeigneten Rechtsrahmen. Dieser muss eine nachhaltige und verantwortliche Unternehmensführung in weltweiten Wertschöpfungsketten sicherstellen. Dabei braucht es auch eine klar definierte Verantwortung von Vorständen in Unternehmen, sodass diese verlässlich und rechtssicher ihren Sorgfaltspflichten nachkommen und im Fall von Nichtbeachtung wirksam und empfindlich sanktioniert werden können. 

Die im EWSA organisierte europäische Zivilgesellschaft begrüßt mit ihren 329 Repräsentanten deshalb in ihrer jüngsten Stellungnahme vom 14.07.2022 den Vorschlag der EU-Kommission für eine neue Richtlinie zur nachhaltigen Unternehmensführung. 

Logo EWSA

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA)

Der EWSA ist ein beratendes Nebenorgan der Europäischen Union und vertritt die organisierte Zivilgesellschaft, die im Ausschuss in drei Gruppen organisiert ist: Arbeitgeber:innen, Arbeitnehmer:innen und „Vielfalt Europa“. Gemeinsam wird über europäische Gesetzgebungsinitiativen diskutiert und Stellungnahmen erarbeitet. Dabei sind die vertretenen Positionen des EWSA oftmals ein Kompromiss zwischen den unterschiedlichen Gruppen. Der Ausschuss ist mit den Römischen Verträgen 1957 eingesetzt worden. 

Allerdings sieht der EWSA darin nur einen ersten Schritt zu einem umfassenden und offenen europäischen Regime für eine nachhaltige Unternehmensführung. Dem EWSA ist es mit seiner Stellungnahme gelungen, über unterschiedliche Ansätze zur Corporate Governance hinweg eine Brücke zu bauen. Gefordert wird ein Rechtsrahmen, der nicht einengt, sondern Möglichkeiten und Verbindlichkeit schafft. Davon können alle Unternehmen profitieren, und zwar unabhängig von ihrer Größe. Wenn die Unternehmen Europas in weltweiten Wertschöpfungsketten mit guter Praxis vorangehen, erzeugen sie auch den nötigen Druck auf Regierungen in eher laxen Staaten, die Menschen- und Arbeitnehmer:innenrechte aktiv zu schützen, zu denen sie sich meist in internationalen Regelwerken der UN, der ILO und der OECD verpflichtet haben. Sonst laufen solche Länder Gefahr, dass sie von wirtschaftlichen Aktivitäten aus Europa ausgeschlossen werden. Da, wo Unternehmen einen Einfluss haben, müssen sie diesen geltend machen und Verantwortung übernehmen. Gleiche Bedingungen für alle („level playing field“) und Rechtssicherheit sind eben nicht nur eine Anforderung von Unternehmensleitungen, sondern sie wirken sich positiv auf alle Interessengruppen und Regionen aus, wo Unternehmen wirtschaftlich tätig sind. 

Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen und Gewerkschaften als Erfolgsfaktoren

Sorgfaltspflichten als Prozess aufzusetzen und ihnen nachzukommen ist zwar zuvorderst eine Führungsaufgabe im Unternehmen, von Vorstand und von Aufsichts- oder Verwaltungsräten. Aber auch andere Interessengruppen im und am Unternehmen sollen und wollen verbindlich Mitverantwortung übernehmen. Insbesondere Arbeitnehmer*innen müssen das Recht zur Einflussnahme und Mitwirkung bekommen, auf das sie ihre Mitgestaltung verbindlich beziehen können. Ihr Grundrecht, einer Gewerkschaft beizutreten, muss von Unternehmen respektiert und gewährleistet werden. Sie müssen sich bei Rechtsverletzungen – vertreten durch Gewerkschaften – an ein kompetentes Gericht wenden können, am europäischen Sitz eines global tätigen Unternehmens. Gleichermaßen müssen Arbeitnehmer:innen und Gewerkschaften zu einem frühen Zeitpunkt in den Prozess der Due Diligence im Unternehmen mit eingebunden werden, denn sie wissen oft viel besser, wie die (Arbeits-)Bedingungen vor Ort tatsächlich aussehen. 

Der EWSA bezeichnet in seiner Stellungnahme die Beteiligung der Arbeitnehmervertretungen und Gewerkschaften als Erfolgsfaktor für die Umsetzung von Sorgfaltspflichten. Als Instrumente erwähnt er in diesem Zusammenhang Globale Rahmenvereinbarungen und Europäische Betriebsräte. Die Mitbestimmung im Aufsichtsrat, wie in Deutschland oder Österreich, ist eine weitere wegweisende und bewährte rechtliche Grundlage, auf die sich auch die europäische Gesetzgebung stärker beziehen könnte. 

Europäische Gewerkschaften starten Online-Petition

Im Herbst 2022 werden sich das EU-Parlament und der Ministerrat mit dem Thema befassen. Die europäischen Gewerkschaften wollen, dass aus dem Vorschlag der EU-Kommission ein wirklich wirksamer Rechtsakt mit einer stärkeren Beteiligung von Arbeitnehmer:innen, Betriebsräten und Gewerkschaften wird. Sie bitten dafür in ihrer offenen Petition um Unterstützung.

Bild Online-Petition

ETUC-Petition „Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten beenden, Gewerkschaften einbeziehen“

„Aus diesem Grund fordern wir die EU gemeinsam auf, die Einbeziehung der Gewerkschaften in die Sorgfaltspflichten der Unternehmen zwingend vorzuschreiben - mit wirksamen Rechtsmitteln für die Beschäftigten und Gewerkschaften, sollten Rechte verweigert werden. 

Unterzeichnen Sie unsere Petition und unterstützen Sie uns dabei, den Entwurf der EU-Richtlinie zu einem wirksamen Rechtsakt zu machen.“

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