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Meilensteine der Mitbestimmung

In kurzer Folge und in kompakter Form dokumentieren wir auf dieser Seite zehn ausgewählte gesetzliche Meilensteine, die die Mitbestimmung in den Betrieben und Unternehmen maßgeblich geprägt und beeinflusst haben.

Alle Gesetze zur Mitwirkung und Mitbestimmung in Deutschland markieren historische politische Kompromisse, meist geschlossen in gesellschaftlichen Umbruchszeiten. Die Gesetze blieben und bleiben allesamt hinter den gewerkschaftlichen Vorstellungen von rechtlich ausgestalteter Wirtschaftsdemokratie zurück.

In der Praxis hat sich Mitbestimmung jedoch als das demokratische Gestaltungsprinzip der Sozialen Marktwirtschaft herausgestellt und bewährt. Angesichts der offenen Fragen, die heute aus der Digitalisierung und Globalisierung von Arbeit und Unternehmen erwachsen, ist Mitbestimmung ein Zukunftsthema.

Für Gewerkschaften und Arbeitnehmer geht es darum, mitzureden, Verantwortung zu übernehmen und die Arbeit der Zukunft mitzugestalten. Das geht nicht ohne Mitbestimmung. Denn gute Arbeit braucht faire Regeln. Und die historische Erfahrung zeigt uns auch: Nur eine mitbestimmte Unternehmensführung sichert nachhaltige Unternehmensperspektiven.

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1891 – Freiwillige Arbeiterausschüsse als Keimzelle der betrieblichen Mitbestimmung  

Vor 125 Jahren wird in der Reichsgewerbeordnung erstmals eine gesetzliche Grundlage für die Mitwirkung von – zunächst freiwillig gebildeten – Arbeiterausschüssen beim Erlass von Arbeitsordnungen geschaffen. Das Gesetz regelt die Errichtung von Arbeiterausschüssen in Betrieben mit mehr als 20 Arbeitnehmern und gilt als Keimzelle der betrieblichen Mitbestimmung.

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1916 – Obligatorische Arbeiter- und Angestelltenausschüsse als Vorläufer der Betriebsvereinbarung

Vor 100 Jahren werden Arbeiter- oder Angestelltenausschüsse verpflichtend eingeführt. Das Gesetz über den vaterländischen Hilfsdienst gilt zunächst für kriegs- und versorgungswichtige Betriebe mit mehr als 50 Beschäftigten. Lohn- und Arbeitsbedingungen sollen mit dem Arbeitgeber durch „Einigung“ geregelt werden. Im Fall einer Nichteinigung können Gerichte oder Schlichtungsstellen angerufen werden. Das Gesetz ist ein Wegbereiter des Betriebsrätegesetzes von 1920.

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1920 – Das Betriebsrätegesetz als Wegbereiter der Betriebsverfassung und erster Schritt zur Unternehmensmitbestimmung

Nach heftigen Auseinandersetzungen im Parlament und auf der Straße verabschiedet die Nationalversammlung das Betriebsrätegesetz. Damit werden betriebliche Interessenvertretungen in Deutschland erstmals rechtlich verankert. Betriebsräte erhalten Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte in sozialen und personellen Angelegenheiten. Das Gesetz gilt als Vorläufer der heutigen Betriebsverfassung. Gleichzeitig macht das Gesetz einen wichtigen Schritt in Richtung Unternehmensmitbestimmung. Zwei Arbeitnehmervertreter müssen zukünftig im Aufsichtsrat von Kapitalgesellschaften vertreten sein. Mit dem Gesetz über die Entsendung von Betriebsratsmitgliedern in den Aufsichtsrat erhalten die Arbeitnehmervertreter im Jahr 1922 schließlich volles Stimmrecht im Aufsichtsrat.

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1951 – Die Montan-Mitbestimmung schafft gleichberechtigte Mitwirkung bei Unternehmensentscheidungen  

Wirtschaftsdemokratische Überlegungen prägen die Neuordnung der Wirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg. Vor 65 Jahren wird das Montan-Mitbestimmungsgesetz mit überwältigender Mehrheit im Deutschen Bundestag verabschiedet. Mit dem Gesetz wird die paritätische Mitbestimmung von Arbeitnehmern und Arbeitgebern in den Aufsichtsräten der Kohle- und Stahlunternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten eingeführt.

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1952 – Mit dem Betriebsverfassungsgesetz beginnt die Demokratie im Betrieb

Das Betriebsverfassungsgesetz sichert die Mitwirkung und Mitbestimmung in allen Belangen, die die Arbeitnehmer im Betrieb direkt betreffen. Dies betrifft sowohl soziale als auch personelle und wirtschaftliche Fragen. Zudem wird die Unternehmensmitbestimmung erweitert. Für Aufsichtsräte von Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten wird eine Drittelbeteiligung der Arbeitnehmer eingeführt.

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1976 – Das Mitbestimmungsgesetz schafft ein neues Fundament für die Unternehmensmitbestimmung

Nach jahrelangen, zum Teil erbittert geführten Diskussionen wird die Unternehmensmitbestimmung auf ein neues Fundament gestellt. Vor 40 Jahren wird mit dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer (Mitbestimmungsgesetz) die Mitbestimmung auf alle Unternehmen mit mehr als 2.000 Beschäftigten ausgedehnt. Allerdings bleibt es bei einem qualitativen Übergewicht auf Seiten der Anteilseigner. Bei ansonsten paritätischer Sitzverteilung im Aufsichtsrat erhält der von dieser Seite gestellte Aufsichtsratsvorsitzende ein doppeltes Stimmrecht. Ungeachtet dessen klagen die Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsgesetz. Die Klage wird jedoch vom Bundesverfassungsgericht im Jahr 1979 zurückgewiesen. Das Gesetz und das deutsche Mitbestimmungsprinzip werden damit höchstrichterlich bestätigt.

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1996 – Mit Europäischen Betriebsräten werden nationale Mitbestimmungsrechte flankiert  

Vor 20 Jahren wird die EU-Richtlinie zu Europäischen Betriebsräten (Eurobetriebsratsrichtlinie) in deutsches Recht übernommen. Damit werden den Betriebsräten in europaweit tätigen Unternehmen Unterrichtungs- und Anhörungsrechte  eingeräumt. Ein Eurobetriebsrat (EBR) ist kein Betriebsrat im deutschen Sinne ist, der über weitreichende Mitwirkungs- bzw. Mitbestimmungsrechte verfügt. Er ergänzt vielmehr die Rechte der Arbeitnehmervertretungen auf nationaler Ebene. Die originäre Zuständigkeit des Eurobetriebsrats beschränkt sich auf die Unterrichtung und Anhörung bei Unternehmensentscheidungen bzw. -entwicklungen in grenzüberschreitenden Angelegenheiten, bei denen Arbeitnehmer in mindestens zwei Ländern betroffen sind.

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2001 – Europäische Aktiengesellschaft muss Mitwirkung der Arbeitnehmer berücksichtigen

Vor 15 Jahren wird die EU-Verordnung über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) verabschiedet, die drei Jahre später (2004) in Kraft tritt. Die Verordnung ist die Rechtsgrundlage für die Errichtung einer Europäischen Aktiengesellschaft. Diese kann z. B. durch Umwandlung in einem Land gegründet werden und dann in ein und derselben Rechtsform in der gesamten EU agieren. Auch die Verlegung des Unternehmenssitzes von einem in ein anderes EU-Land ist unkompliziert möglich. Die ergänzende SE-Richtlinie zur Beteiligung der Arbeitnehmer beinhaltet bessere Rechte für den SE-Europäischen Betriebsrat als noch in der EBR-Richtlinie von 1996: Zur Sicherung der Arbeitnehmerbeteiligung kann eine SE nur registriert werden, wenn sie eine entsprechende Vereinbarung zur Unterrichtung, Anhörung und Mitbestimmung vorweisen kann. Für die Vereinbarung von Mitbestimmung in der SE gilt jedoch das Vorher-nachher-Prinzip: Nur, wo es vorher Mitbestimmung in einer der Vorläuferunternehmen einer SE gab, kann es auch Mitbestimmung in der SE geben.

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2001 – Betriebsverfassung wird den neuen Rahmenbedingungen angepasst

Vor 15 Jahren wird das Betriebsverfassungsgesetz – nach einer ersten Überarbeitung im Jahr 1972 – an die Veränderungen in der Wirtschafts- und Arbeitswelt angepasst. Die Reform des Gesetzes aus dem Jahr 1952 erleichtert u. a. die Bildung von Betriebsräten, schafft bessere Arbeitsmöglichkeiten und verstärkt den Schutz für Betriebsratsmitglieder.

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2004 – Drittelbeteiligung von Arbeitnehmern in Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten

Das Drittelbeteiligungsgesetz löst die bisher im Betriebsverfassungsgesetz von 1952 geregelte Unternehmensmitbestimmung ab. Aufsichtsräte in Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten müssen zu einem Drittel mit Arbeitnehmervertretern besetzt sein.