Mitbestimmungspraxis 59
KI verstehen, bewerten und begrenzen
Mehrere Praxisbeispiele zeigen, wie Betriebsräte mit den neuen Herausforderungen durch künstliche Intelligenz und algorithmische Systeme im Betrieb umgehen.
Künstliche Intelligenz im Betrieb
Algorithmische Systeme und insbesondere künstliche Intelligenz (KI) sind zentrale Technologien moderner Digitalisierungsstrategien. Sie faszinieren und verunsichern gleichermaßen. In den Unternehmen kommen zunehmend KI-getriebene Systeme wie ChatGPT und Microsoft CoPilot zum Einsatz, die gewohnte Formen der Arbeit grundsätzlich verändern. Außerdem stellen sie die Mitbestimmung vor neue Herausforderungen: Betriebs- und Personalräte müssen sich jenseits der eingespielten Möglichkeiten der Technikgestaltung mit den Anwendungsfällen und konkreten Einsatzbereichen von KI auseinandersetzen, um die Risiken für die Beschäftigten abschätzen und abmildern zu können.
Künstliche Intelligenz (mit)gestalten
Die Herausforderungen für Betriebs- und Personalräte angesichts künstlicher Intelligenz und algorithmischer Systeme sind vielfältig. Einerseits gilt es, neue Informations- und Mitbestimmungsprozesse zu entwickeln und zu etablieren, die den Anforderungen von KI-Systemen oder KI-Komponenten in konventioneller Software gerecht werden. Andererseits fordert aber auch die betriebliche Regulierung einzelner Systeme die etablierten Mitbestimmungsverfahren heraus: bei IT-Systemen sowie beim Datenschutz hinsichtlich der Kontrolle von Verhalten und Leistung.
Die Betriebs- und Personalräte haben eine breite Spanne an Lösungen entwickelt. Sie reicht von innovativen Beteiligungskonzepten über das Einrichten spezieller Gremien wie eines KI-Ethikrats bis hin zu neuen Werkzeugen der strukturierten Informationsübergabe an den Betriebsrat beim Einführen von KI-Systemen.
KI und algorithmische Systeme verstehen, bewerten und begrenzen
So gelingt Mitbestimmung bei KI: Praxisbeispiel und Impulse
von Jonas Grasy, Bettina Seibold und Ernesto Klengel
Mitbestimmungspraxis 59, Düsseldorf 2024
Erfahrungen aus der Mitbestimmungspraxis
In den Praxisbeispielen werden die Betriebsräte aktiv, nutzen ihre Gestaltungschancen und Mitbestimmungsrechte. Dadurch werden KI-Systeme und -Komponenten so eingesetzt, dass sich die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten nicht verschlechtern. Zudem beschreiten die Interessenvertretungen neue Wege, die trotz unterschiedlicher Themen mehrere Gemeinsamkeiten ausweisen:
- Die betriebliche Definition von KI in Abgrenzung zu konventioneller Software beschäftigt alle Gremien gleichermaßen. Denn sie ist die Basis dafür, die Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte gemäß dem Betriebsverfassungsgesetz abzusichern.
- Das Weiterentwickeln, Etablieren und Schärfen der Mitbestimmungsprozesse und der darin verwendeten Werkzeuge wie z. B. Steckbriefe für KI-Systeme sind wichtige Anliegen der untersuchten Vereinbarungen.
- Die geregelten KI-Systeme bieten vielfältige Einsatzmöglichkeiten. Umso wichtiger ist es, Ziel- und Zweckbestimmungen festzulegen, sowohl für die Systeme selbst als auch für die darin verarbeiteten Daten.
- Für das Mitbestimmungshandeln bei KI stellt insbesondere die Beteiligung der lokalen Gremien sowie der betroffenen Beschäftigten eine Herausforderung dar.
- Der Themenkomplex Künstliche Intelligenz erfordert Knowhow. Die Mitbestimmungsakteure legen Wert darauf, dass sämtliche Beteiligte – Beschäftigte, Betriebsräte, Verhandlungspartner auf Arbeitgeberseite – angemessen qualifiziert werden.