Mitbestimmungsjahr
BESSER GEHT’S MIT.BESTIMMT
Im Gewerkschaftshaus der IG BCE in Hannover trafen sich Praktiker und Wissenschaftler zu einem Austausch darüber, wie die Herausforderungen von Industrie 4.0 für die Betriebsratsarbeit zu bewerten sind. Ein Bericht über die gemeinsame Fachtagung der Hans-Böckler-Stiftung und der IG BCE.
„Von selber kommt gar nichts, sondern nur in Auseinandersetzungen. Es gibt keinen Selbstlauf, dass Technik zu diesem oder jenem Ergebnis führt. Technik ist gestaltbar, und diese Gestaltung werden wir übernehmen“. So fasste Michael Guggemos Herausforderung, Chance und Anspruch zusammen, wenn es darum geht, Arbeit 4.0 in den Unternehmen und Betrieben aktiv zu gestalten. Die konsequente Weiterführung dieses Gedankens war zugleich Titel der Veranstaltung: „Besser geht’s mit.bestimmt“. Dazu trafen sich am 12. und 13. April Betriebsräte der IG BCE, Wissenschaftler der Hans-Böckler-Stiftung und Gewerkschafter in Hannover.
Betriebsräte müssen Herausforderung annehmen
In Vorträgen und Workshops beschäftigten sich die Teilnehmer vor allem mit der Frage, was die Veränderungen der Arbeitswelt für die Betriebsratsarbeit bedeuten. Denn es stellen sich viele Fragen neu: Was bedeutet Arbeit 4.0 für die Qualifizierung der Beschäftigten und wie lässt sich deren Beschäftigungsfähigkeit erhalten? Führt die Digitalisierung der Arbeit zu mehr Überwachung und weniger Datenschutz? Wie verändert sich die Arbeitsorganisation?
Gewiss ist: „Industrie 4.0“ wird die Arbeitswelt verändern. Digitalisierung, Internationalisierung und Flexibilisierung werden über kurz oder lang alle Bereiche der Wirtschaft erfassen, wenngleich in unterschiedlichem Tempo und in unterschiedlicher Intensität. Ungewiss und deshalb auch gestaltbar ist allerdings, welches Gesicht Arbeit 4.0 in den Unternehmen und Betrieben haben wird.
Damit Arbeit 4.0 auch gute Arbeit wird, müssen sich Betriebsräte einmischen und eine aktiv-gestaltende Rolle spielen. Das ist leichter gesagt als getan. Betriebsräte müssen in der Lage sein, rechtzeitig zu erkennen, wohin sich Arbeit in ihrem Unternehmen entwickelt. Einig waren sich die Teilnehmer, dass die Interessenvertretungen dafür eine bessere Qualifizierung benötigen. Und dass es darum geht, die Kolleginnen und Kollegen noch stärker in die Arbeit einzubeziehen.
Beschäftigte sind die Experten in eigener Sache
Edeltraud Glänzer, stellvertretende Vorsitzende der IG BCE, appellierte an die Betriebsräte, Bildungspläne für den eigenen Qualifizierungsbedarf zu erstellen. Zudem werde die IG BCE Materialien und Handlungshilfen zur Verfügung stellen und biete schon heute Plattformen für einen besseren Erfahrungsaustausch und mehr Vernetzung von Betriebsräten. Mit Blick auf eine bessere Beteiligung der Belegschaften betonte Edeltraud Glänzer: „Die Beschäftigten sind die Expertinnen und Experten ihrer eigenen Arbeitswelt. Sie wissen, wie sich Veränderungen vollziehen, mit welchen Belastungen sie einhergehen und haben in der Regel auch gute Lösungsvorschläge.“
Gute Arbeit braucht mehr Mitbestimmung
Betriebsratsarbeit, die Arbeit 4.0 aktiv mitgestaltet, braucht mehr denn je starke und angesichts der neuen Herausforderungen erweiterte Mitbestimmungsmöglichkeiten. Denn Mitgestaltung erfordert auch Durchsetzungskraft. „Wie sollen wir mit einer Betriebsverfassung 2.5 denn Arbeit 4.0 gestalten“, beklagte ein Betriebsrat und traf damit den Nerv der Teilnehmer. Der Gesetzgeber sei gefordert, die rechtlichen Rahmenbedingungen für Mitbestimmung so zu gestalten, dass die Interessenvertretungen in den Unternehmen und Betrieben ihren Job auch zukünftig gut machen könnten. Nämlich so, wie es die Gestaltung guter Arbeit unter den Bedingungen von Industrie 4.0 erfordert.